Ägyptische Grenze Wann kommen die Hilfslieferungen nach Gaza?
An der Grenze Ägyptens stehen internationale Hilfslieferungen für die Menschen im Gazastreifen bereit. Bislang kommen sie aber nicht durch - trotz israelischer Erlaubnis. Warum nicht?
Hilfe für Gaza ist mittlerweile Chefsache. US-Präsident Joe Biden telefonierte mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah Al-Sisi, UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist zu Gast in Kairo, Israels Premier Benjamin Netanyahu gab Mittwochnachmittag die lang erwartete Zustimmung: Israel werde sich dem Aufruf des US-Präsidenten, die Zivilbevölkerung im Süden des Gazastreifens mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamente zu versorgen, nicht entgegenstellen, hieß es aus Tel Aviv.
Damit könnte der Weg für Hilfslieferungen eigentlich frei sein.
Doch bislang kommt die Hilfe nicht durch. Die Straße am Grenzübergang auf der Gaza-Seite ist beschädigt - mehrmals bombardierte Israel in den vergangenen Tagen den Grenzbereich. Maschinen zur Straßenreparatur sind deshalb Berichten zufolge von Ägypten Richtung Gaza geschickt worden, um die Schäden zu beheben.
Israel stellte Bedingungen
Mehr als hundert Lkw warten auf ägyptischer Seite am Grenzübergang Rafah - im Gazastreifen harrten tagelang verzweifelte Zivilisten aus, vor allem Ausländer und Doppelstaatler, die auf eine Ausreise hofften. Und die zerstörte Straße sei offenbar nicht der einzige Grund für die Verzögerung, sagt Politikwissenschaftler Mohammed Ezz al Arab vom Ahram Forschungszentrum in Kairo.
"Der erste Grund ist, dass die Zustimmung Israels an Bedingungen geknüpft ist: Israel will von Ägypten die Garantie, dass die Hilfsgüter nicht in die Hände der Hamas fallen", so Ezz al Arab. Außerdem gebe es noch ungelöste Fragen zwischen Ägypten und Israel, wenn es um die Ausreise der Ausländer geht: "Kommt erst die Hilfe rein oder erst die Ausländer raus? Und dann geht es natürlich um die zerstörten Straßen durch den Beschuss von Israel."
Keine Hilfe für die Hamas - ist das möglich?
Die Hauptbedingung Israels ist, man werde die Hilfslieferungen aus Ägypten nur so lange zulassen, wie diese garantiert nicht die Hamas erreichen. Aber kann das dauerhaft vermieden werden - in einem Gebiet, das die Hamas eigentlich kontrolliert? Nein, sagt Stephan Roll von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Dass Hilfe auch bei der Hamas ankommt, werde sich ohne weiteres gar nicht verhindern lassen, so Roll. "Und ich gehe davon aus, dass jetzt ein zentraler Knackpunkt ist, dass Israel sicherstellen will, dass diese Lieferungen kontrolliert werden, bevor sie in den Gazastreifen kommen." Israel habe Sicherheitsbedenken. "Wir sprechen hier ja über dutzende an Lkw-Lieferungen. Was ist da genau drin?"
Erste Lkw sollen Grenze in Kürze passieren
Vor allem bei dauerhaften Hilfslieferungen, wie Ägypten sie vorschlägt, könnte das ein Thema sein. Im ersten Schritt geht es jetzt um erstmal 20 Lastwagen, die die Grenze Berichten zufolge am Freitag passieren dürften. Danach soll die Hilfe weitergehen, fordert Ägypten.
"Zuerst empfängt Ägypten die Hilfsgüter für Gaza aus aller Welt über dem Flughafen Al Arish auf dem Sinai. Dann werden die Sachen auf dem Landweg weitertransportiert, sobald die Straßen in Gaza instand gesetzt sind," skizziert Politikforscher Ezz al Arab den Plan. "UN-Organisationen und das Internationale Rote Kreuz sollen die Hilfsgüter in Gaza dann entgegennehmen und an die Bedürftigen verteilen."
Die EU hat eine Luftbrücke nach Ägypten angekündigt, auch weitere Staaten wollen tonnenweise Hilfsgüter schicken. Für die Zivilisten in Gaza, die sehnsüchtig auf Hilfe warten, zählt jede Stunde. Hinter den Kulissen gehen die diplomatischen Verhandlungen weiter.