Liberia Mehr als eine ganz normale Wahl
Liberia ist stolz auf seine demokratische Tradition - zumal in Westafrika die Zahl der Militärregimes zunimmt. Nun bestimmt das Land in einer Stichwahl den neuen Präsidenten. Eine zweite Amtszeit für Ex-Fußballstar Weah?
Er wolle das Leben der Liberianer verändern, das sei seine einzige Mission, erklärte 2018 Liberias frisch gewählter neuer Präsident George Weah. An Investoren und die Landsleute im Ausland appellierte er, Liberia zu unterstützen. Der Korruption und Armut sagte er den Kampf an.
Seine Worte verfingen. Immerhin galt der Ex-Fußballstar als Volksheld. In den 1990er Jahren wurde Weah weltweit bekannt. Als erster Afrikaner wurde er FIFA-Weltfußballer des Jahres, wurde auch Afrikas Fußballer des Jahrhunderts, der sich bei Vereinen wie AS Monaco, Paris Saint Germain und dem AC Mailand als Stürmer an die Spitze kickte.
Auf die Erfüllung seiner Wahlversprechen warten viele Wähler auch sechs Jahre nach seinem ersten Wahlsieg: George Weah
Die Probleme sind immer noch gewaltig
In der Hauptstadt Monrovia sehen heute vor allem junge Erstwähler Weahs sechsjährige Amtszeit kritisch angesichts anhaltender Korruption, hoher Jugendarbeitslosigkeit, steigender Lebensmittelpreise und allgemeiner wirtschaftlicher Not im Land.
Die liberianische Bevölkerung ist eine der jüngsten auf der ganzen Welt. Fast zwei Drittel der rund 5,4 Millionen Einwohner sind jünger als 25 Jahre.
Doch obwohl sie die blutigen Bürgerkriege von 1989 bis 2003 in Liberia nicht selbst erlebt haben, seien sie stark davon geprägt, schildert der 32-jährige Tuktuk-Fahrer Abraham Jalloh der französischen Nachrichtenagentur AFP. Schließlich seien einige noch während der Kriege geboren worden, und auch ihre Eltern hätten die Kriege erlebt. Das wolle die junge Generation nicht mehr, sie brauche den Frieden für ein besseres Leben.
Jalloh hofft, dass sein Land einfach "den richtigen Anführer" bekomme und am Ende "ein gutes Liberia" entstehen werde.
Großer Andrang: In Paynesville warten Wähler darauf, ihre Stimme abgeben zu können.
Die Armut ist groß
Ein gutes Liberia heißt aber nicht nur Frieden. In Liberia, das eineinhalb Mal so groß ist wie Bayern, sind nur 700 Kilometer Straße asphaltiert. Strom, Internet und fließendes Wasser gibt es außerhalb der Städte kaum. Eine flächendeckende Gesundheitsversorgung existiert nicht.
Die große Mehrheit der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, obwohl Liberia reich ist an Rohstoffen wie Kautschuk und an fruchtbaren Böden.
Die demokratische Tradition
Immer wieder hatte Weah betont, er wolle sein Land komplett umwandeln, aber demokratisch, ohne Gewalt.
Liberia habe in diesem Kontext eine besondere Bedeutung in Westafrika, sagt Adel de Finado, Professor am Zentrum für Demokratie und Entwicklung im nigerianischen Abuja: "Liberia war der Beweis dafür, dass friedliche Machtwechsel möglich sind - auch in einem Land, das unter den Folgen brutaler Bürgerkriege und einer verheerenden Ebola-Epidemie zu leiden hatte. Ein Land, dessen Bevölkerung mit Nobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf die erste Frau Afrikas zum Staatsoberhaupt wählte."
Er will neuer Präsident Liberias werden: Joseph Boakai
Ein heikles Umfeld
Aber Liberia liegt auch in einer Region, in der sich zuletzt häufig Militärs an die Macht putschten, in Staaten wie Guinea, Mali und Burkina Faso. Umso wichtiger sei es für die politische Stabilität der Region, so Professor Gennadou, dass die Wahlen in Liberia fair, frei und friedlich verlaufen.
Er erinnert daran, dass Liberia von befreiten Sklaven aus Amerika gegründet wurde und schon 1846 unabhängig wurde, lange vor fast allen anderen Staaten Afrikas. Diese demokratische Tradition sei aber durch die Bürgerkriege unterbrochen worden. Deshalb sei es nun wichtig, die demokratischen Errungenschaften der vergangenen Jahre weiter zu stabilisieren und ein stabiles politisches Umfeld zu schaffen, damit die wirtschaftliche Entwicklung weitergehen könne.
In einer Stichwahl trifft nun Amtsinhaber Weah auf seinen alten Rivalen Joseph Boakai. Schon 2018 lieferten sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die damalige Stichwahl gewann Weah.
Egal, wer nun die Wahl für sich entscheidet: Die Aufgaben für den Präsidenten in Liberia sind nicht kleiner geworden. Im Gegenteil.