Dürre in Namibia Wildtierschlachtungen gegen den Hunger
Die Regierung Namibias lässt hunderte wilde Tiere schlachten, um die unter der Dürre leidende Bevölkerung mit Fleisch zu versorgen. Doch Kritiker vermuten auch politische Motive hinter der Entscheidung.
30 Flusspferde, 60 Büffel, 250 Antilopen, 300 Zebras - die namibische Regierung lässt gerade in den Nationalparks des Landes mehr als 700 Wildtiere schlachten. Das Fleisch wird an bedürftige Menschen verteilt, die unter den Folgen einer katastrophalen Dürreperiode leiden.
Seit Monaten hat es in der Region im Südwesten Afrikas nicht mehr geregnet. Wasser und Lebensmittel werden knapp. Schon im Mai hatte Namibia den Notstand ausgerufen und die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. Fast die Hälfte der etwa drei Millionen Einwohner sei inzwischen von einer schweren Nahrungsmittelkrise betroffen.
57.000 Kilo Fleisch verteilt
Für die Keulungen hat die Regierung professionelle Jäger angeheuert. In einer Erklärung des zuständigen Umweltministeriums, die dem ARD-Studio Johannesburg vorliegt, heißt es, bisher seien 157 Tiere geschossen und 57.000 Kilo Fleisch verteilt worden. Man sei froh, dem Land in diesen äußerst schwierigen Zeiten helfen zu können.
Der Abschuss der Tiere soll laut einem Regierungssprecher vor allem dabei helfen, den Mangel an Wasser und Weideflächen in den Griff zu bekommen. In einigen Nationalparks gebe es aktuell mehr Tiere, als dort Nahrung finden könnten.
In Namibia leben nach aktuellen Schätzungen rund 25.000 Elefanten, etwa genauso viele Zebras sowie 2.500 Flusspferde. Die Zahl der Antilopen liegt deutlich höher.
Auch Elefanten werden auf Abschussliste
Sorgen um die Artenvielfalt macht sich die Regierung in Windhoek nicht, sondern bekennt sich ausdrücklich zum Naturschutz und verweist darauf, dass die fünf betroffenen Parks einen "nachhaltigen Wildbestand" aufweisen würden.
Außerdem schreibe die Verfassung vor, die natürlichen Ressourcen zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Heißt übersetzt: Weil Namibia beim Tierschutz so erfolgreich sei, könne es sich das Land dann in Krisenzeiten durchaus leisten, ein paar dieser Tiere für ein Ernährungsprogramm zu schlachten.
Auf der Abschussliste der Regierung stehen auch 83 Elefanten. Denn die gehen auf der Suche nach Wasser dahin, wo es noch Wasser gibt - und das ist in der Regel da, wo Menschen wohnen. Die Tiere sollen nach Regierungsangaben auch getötet werden, um Konfliktsituationen mit Menschen zu verhindern.
Kritiker vermuten politische Motive
Die namibische Tierschutzorganisation Elefant Human Relations Aid, die sich für ein friedliches Zusammenleben von Menschen und Tieren einsetzt, spricht von einer falschen Entscheidung. Man sei sehr traurig, weil es auch alternative Wege gebe, Gemeinden in Zeiten extremer Trockenheit zu helfen.
Eine Gruppe von Wildtierschützern und Wissenschaftlern hat ebenfalls ein scharfes Protestschreiben verfasst. Darin ist von einem "gefährlichen Präzedenzfall" die Rede. Schließlich sei die Zahl der Elefanten auf dem afrikanischen Kontinent in den letzten hundert Jahren von mehr als fünf Millionen auf heute knapp 400.000 gesunken.
Während einer langen Dürre sollte ohnehin nicht auf das Fleisch wilder Tiere gesetzt werden. Besser wäre es, wenn der Staat den von der Trockenheit betroffenen Bauern ihr Nutzvieh abkaufte, bevor diese Tiere verhungerten.
Außerdem vermuten die Kritiker hinter der Entscheidung der namibischen Regierung handfeste politische Motive. Ende November stehen in Namibia schließlich Wahlen an. Und mit der Verteilung von Fleisch, so jedenfalls der Verdacht, will die Regierungspartei in den ländlichen Gebieten um Wählerstimmen werben.