Nach Putsch in Niger ECOWAS will Einsatzplan festlegen
Die ECOWAS will mit den Putschisten in Niger im Gespräch bleiben - gleichwohl bereitet sie Pläne für einen möglichen Einsatz vor. Auf einem Gipfel sprach sich eine Mehrheit dafür aus, notfalls mit einer Eingreiftruppe zu intervenieren.
Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS arbeitet weiter an einem Plan für einen Militäreinsatz gegen die Putschisten in Niger. Die Verteidigungsstabschefs von 9 der 15 Mitgliedsländer trafen sich zu einer zweitägigen Sitzung in Ghanas Hauptstadt Accra.
Man habe "mit der Aktivierung der ECOWAS-Bereitschaftstruppe zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in der Republik Niger begonnen" und die Militärchefs sollten die Pläne nun abschließen, teilte der Staatenbund mit.
Alle bis auf die Mitgliedstaaten unter einer Militärregierung und Kap Verde seien bereit, eine Eingreiftruppe abzustellen, die notfalls in Niger intervenieren könnte, sagte Kommissionschef Abdel-Fatau Musah. Ein Zeitplan für einen möglichen Einsatz sei geheim. Die ECOWAS habe ausreichend Ressourcen, um einen Militäreinsatz durchzuführen.
Musah weiter für Diplomatie
Musah warf den Putschisten in Niger vor, "Katz und Maus" mit der ECOWAS zu spielen. Er kritisierte die Weigerung der Militärs, sich mit Gesandten der Organisation zu treffen. Stattdessen suche die Junta permanent nach einer Rechtfertigung für den Putsch vom 26. Juli. In Accra beraten die Militärchefs der ECOWAS-Staaten noch bis Freitag über das weitere Vorgehen in Niger nach dem Militärputsch.
Der ECOWAS gehören 15 westafrikanische Staaten an, darunter auch Niger selbst. Bislang hat die ECOWAS betont, zunächst alles für eine diplomatische Lösung tun zu wollen. Auf Journalistenfragen sagte der ECOWAS-Kommissar, dass Diplomatie weiterhin auf dem Tisch bleibe.
Viel Ablehnung in den Parlamenten
Tatsächlich stellen sich hinsichtlich eines Einsatzes noch viele offene Fragen. Öffentlich bekundet haben bislang Nigeria, der Senegal, die Elfenbeinküste, Benin und Guinea-Bissau, dass sie an einer Intervention teilnehmen würden. Die nach Militärputschen ihrerseits suspendierten Mitgliedsstaaten Mali, Guinea und Burkina Faso wollen dagegen die Putschisten in Niger auch militärisch unterstützen.
Der kleine Inselstaat Kap Verde hatte eine Beteiligung abgelehnt. Andere Staaten haben sich bislang mit öffentlichen Bekundungen zurückgehalten. In mehreren Staaten - darunter auch Nigeria, das im Falle eines Einsatzes aufgrund seiner Stärke einen Großteil der Truppen stellen würde - müsste zudem erst das Parlament einem Einsatz zustimmen. Das gilt aber als fraglich.
In Nigeria hat der Senat Widerwillen gegen eine mögliche Intervention gegen das Nachbarland gezeigt, die in der Bevölkerung extrem unbeliebt ist. Auch in Ghana, dessen Verteidigungsminister in der Eröffnungsrede des Treffens betonte, wie wichtig es sei, Militärcoups aufzuhalten, sperrt sich bislang das Parlament gegen eine Entsendung von Truppen.
Deutschland strebt EU-Sanktionen an
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, dass Deutschland die afrikanischen Bemühungen zur Lösung der Krise in Niger befürworte. Man unterstütze den von den ECOWAS-Staatschefs beschlossenen zweigleisigen Ansatz, einerseits die Vermittlungsbemühungen fortzusetzen und parallel die ECOWAS-Bereitschaftstruppe zu aktivieren. "Wir unterstützen diesen ECOWAS-Ansatz, insbesondere, dass die Staaten alle diplomatischen Mittel ausschöpfen wollen, um eine Lösung der Krise zu erreichen."
Außenministerin Annalena Baerbock will den Angaben zufolge EU-Sanktionen gegen die Putschisten auf den Weg bringen. Auf dem Nachrichtendienst X, vormals Twitter, erklärte sie: "Unser Ziel ist die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung." Hierzu habe sie mit Musah und auch mit US-Außenminister Antony Blinken in den vergangenen Tagen telefoniert.
Sorge vor Eskalation in der Sahelzone
Die Militärs in Niger hatten am 26. Juli den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt und die Macht übernommen. Wie die Afrikanische Union, die Europäische Union und die Vereinten Nationen fordert auch die ECOWAS die sofortige Freilassung von Präsident Bazoum, der seit dem Putsch unter Hausarrest steht. Die Putschisten hatten am Sonntag allerdings angekündigt, Anklage gegen Bazoum wegen Hochverrats erheben zu wollen.
Niger war bis zu dem Putsch einer der letzten demokratischen Partner der USA und europäischer Staaten in der Sahelzone am südlichen Rand der Sahara. Frankreich und die USA haben wichtige Militärstützpunkte in dem Land. Zurzeit sind auch deutsche Soldaten in dem Land stationiert, die im Rahmen einer Mission der Europäischen Union für Stabilität sorgen sollen. Ein möglicher Militäreinsatz der ECOWAS in Niger hat die Furcht vor einer weiteren Destabilisierung der Sahelregion geschürt.