Burkina Faso und Mali Warum die Länder die Junta in Niger unterstützen
Die Warnung aus Burkina Faso und Mali ist deutlich: Eine militärische Intervention der ECOWAS-Staaten in Niger käme einer Kriegserklärung gleich. Demonstrativ halten die Militärregierungen zusammen. Droht nun ein Krieg im Sahel?
"Ich wiederhole Nummer vier", erklärt der malische Oberstleutnant Abdoulaye Maiga. "Jegliches militärisches Eingreifen in Niger ist gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung gegenüber Burkina Faso und Mali."
Etwas steif sitzt der malische Übergangs-Premierminister Maiga in Militäruniform gekleidet, am späten Montagabend im Nachrichtenstudio des Staatsfernsehens und verliest eine gemeinsame Erklärung der Militärjuntas in Mali und Burkina Faso. Die wichtigste Aussage: Wer den Nachbarn Niger angreift, der greift auch uns an.
Droht Krieg in der Sahelzone?
Die Erklärung ist eine Reaktion auf die Beschlüsse der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Am Sonntag hatte sie den Staatsstreich in Niger verurteilt, Wirtschaftssanktionen gegen das Land verhängt sowie mit einem möglichen Einsatz von Gewalt gedroht, sollten die Putschisten in Niamey nicht innerhalb von sieben Tagen die demokratische Ordnung herstellen und den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder einsetzen.
Droht also ein Krieg im Sahel? Fragt man Menschen in Malis Hauptstadt Bamako, fürchten sich viele nicht nur davor, einige rechnen sogar damit. "Wir wünschen uns das nicht, aber es deutet immer mehr darauf hin", sagt Fatouma Founé Adjawiakoye, sie arbeitet als Assistentin in einem Büro.
Aboubacrine Moha ist Lehrer. Er macht vor allem die Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft für die Lage verantwortlich. "Es ist diese ECOWAS, die diese Staaten in einen erbarmungslosen Krieg stößt." Ein Krieg sei unausweichlich, wenn die ECOWAS nicht versuche, diesen Staaten zuzuhören und sich mit ihnen zu verstehen.
"Kann mir nicht vorstellen, dass es zum Krieg kommt"
Dass es zum Krieg kommt, kann sich Ulf Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali nicht vorstellen. "Die Länder haben genügend Probleme. Deren Armeen und Regierungen haben genug zu tun. Ich glaube nicht, dass es da noch den Wunsch gibt - von irgendeiner Seite - Krieg zu führen."
In Mali putschte sich im Mai 2021 das Militär an die Macht, in Burkina Faso gab es zwei Staatsstreiche im vergangenen Jahr. Beide Länder haben mit islamistischen Terroristen zu kämpfen und die Kontrolle über Teile ihres Landes verloren. Laessing kann sich nicht vorstellen, dass die beiden Länder die Kapazitäten haben, Niger beizustehen, wenn es zu einer Invasion oder einem Angriff kommen sollte. "Ich glaube, das ist alles nur eine verbale Eskalation, die da jetzt aufgebaut wird, um eben es gar nicht erst zu einer Intervention der ECOWAS kommen zu lassen", sagt der Leiter des Regionalprogramms Sahel.
Steckt Frankreich hinter der ECOWAS-Drohung?
Die Erklärung der ECOWAS wird von vielen in Mali und Burkina Faso sehr negativ gesehen. Beide Länder sind eigentlich Mitglieder der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, doch nach den jeweiligen Machtübernahmen der Militärs wurden sie vorerst ausgeschlossen.
Warum droht die ECOWAS nun so drastisch? In Mali vermuten einige, der lange Arm Frankreichs könnte dahinter stecken. "Im Hintergrund geht es um große wirtschaftliche Interessen", meint der Sicherheitsanalyst Aly Ndiya. "Frankreich kann nicht diese Staatsstreiche und die daraus entstehende Unsicherheit akzeptieren, die seine wirtschaftlichen Vorteile, wie zum Beispiel das Uran im Niger, bedrohen."
Französische Experten machten wiederum darauf aufmerksam, dass die heimischen Atomkraftwerke sehr wohl ohne Uran aus Niger auskommen könnten. Man habe genug davon gelagert und genügend andere Lieferanten. Das Misstrauen - in nicht wenigen Fällen sogar der Hass auf den ehemaligen Kolonialherren - ist jedoch das, was Mali und Burkina Faso zusammenschweißt.
Mali und Burkina Faso als Gegengewicht zu Frankreich
"Die beiden Länder sehen sich schon länger als das Gegengewicht zu Frankreich und dem Westen", erklärt Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung. "Sie hoffen jetzt sicherlich Niger und die neuen Machthaber für sich zu gewinnen."
Der lachende Dritte dabei sei Putins Russland, von dem man nicht wisse, ob und inwieweit es in der komplizierten Gemengelage die Fäden ziehe, meint Laessing. Während die französischen Soldaten aus Mali und Burkina Faso bereits abgezogen sind, werden dort russische Flaggen gehisst. Genau wie in der nigrischen Hauptstadt Niamey am vergangenen Sonntag.