Reaktionen aus Washington Viel Zustimmung für Assange-Deal in den USA
Jahrelang hatten US-Regierungen die Auslieferung Assanges gefordert. Im Land selbst gingen die Meinungen auch innerhalb der politischen Lager auseinander. Wie also reagieren Politiker und Aktivisten dort auf die unerwartete Wende?
Der politische Aufschrei nach dem überraschenden Deal zwischen WikiLeaks-Gründer Julian Assange und dem US-Justizministerium bleibt in den USA aus. Nur Mike Pence, der frühere Vizepräsident, gab sich auf der Plattform X erbost und bezeichnete den Deal als "Justizirrtum", der den Einsatz und die Opfer der Männer und Frauen der Streitkräfte entehre.
Andere Republikaner hingegen freuten sich über die plötzliche Wendung in der Assange-Saga. Der Protest gegen eine mögliche Auslieferung von Assange an die USA war in den vergangenen Monaten von Abgeordneten insbesondere am rechten, aber auch am linken Rand lauter geworden.
Erinnerung an Edward Snowden
Die Trump-Unterstützerin Marjorie Taylor Greene nannte Assanges mögliche Freilassung nun eine erstaunliche Nachricht und sagte, er sei jahrelang für das "Verbrechen", Journalist zu sein, festgehalten worden. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten hatte sie bereits vor Monaten einen Brief an Präsident Joe Biden geschrieben.
Auch der Republikaner Thomas Massie nannte Assanges Befreiung eine großartige Nachricht. Aber es sei eine Farce, dass er bereits so viel Zeit im Gefängnis verbracht habe. Massie sprach sich auch dafür aus, dass der Whistleblower Edward Snowden, der in Russland im Exil lebt, in Freiheit leben müsse. Diese Forderung erhob auch der unabhängige Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy Jr., der Verschwörungstheorien anhängt.
Der frühere FBI-Direktor Andrew McCabe hält die Einigung zwischen Julian Assange und der amerikanischen Justiz für den richtigen Schritt, auch wenn der Australier seiner Meinung nach gegen das Spionagegesetz verstoßen habe. Er sagte im Fernsehsender CNN, Assange habe falsch gehandelt. Er habe die US-Regierung beschädigt und die Leben der Truppen und von Irakern aufs Spiel gesetzt.
Es begann mit Chelsea Manning
Die USA werfen Assange vor, zusammen mit der Whistleblowerin Chelsa Manning ab 2010 unter anderem geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, auf WikiLeaks veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Seit Jahren forderte die US-Regierung deswegen mit demonstrativer Härte die Auslieferung des 52-Jährigen.
Ein Grund dafür war womöglich auch, dass WikiLeaks im Wahlkampf 2016 E-Mails der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton veröffentlicht hatte, was ihr damals schadete. Das stößt manchen Demokraten heute noch sauer auf. Im Außen- und Justizministerium habe Assange jedenfalls keine Freunde, erläutert die langjährige Assange-Kennerin Carrie Johnson im Radiosender NPR.
Der Fall Assange und die Pressefreiheit
Menschenrechts- und Journalistenorganisationen hingegen feierten den Deal. Weil sie, so Johnson, argumentieren, dass eine Auslieferung weitreichende Folgen hätte haben können. Sie hätte einem zukünftigen US-Justizministerium erlauben können, Journalisten wegen der Veröffentlichung nationaler Geheimnisse anzuklagen. Johnson spielt darauf an, dass Trump - falls er Präsident wird - möglicherweise gegen unliebsame Journalisten vorgehen will.
Biden Äußerungen deuteten Wende an
Jahrelang hatte Australien sich dafür eingesetzt, die Vorwürfe gegen Assange fallen zu lassen. US-Präsident Biden prüfte das australische Ersuchen wohlwollend - immerhin ist Australien ein enger Alliierter der USA. Mitte April machte der US-Präsident die Bemerkung, man denke darüber nach, was damals vielen Assange-Unterstützern Hoffnung gemacht hat.
Nun lassen die USA etliche der Anklagepunkte gegen Assange fallen. Die Strafe für den verbleibenden Anklagepunkt - Verstoß gegen das US-Spionagegesetz - hat der Australier bereits in Großbritannien abgesessen.
Präzedenzfall vermieden
Vermutlich habe die US-Regierung vermeiden wollen, einen Präzedenzfall für die weltweite Medienfreiheit zu schaffen, erklärt der ehemalige FBI-Vize Andrew McCabe im Fernsehsender CNN. Deswegen habe sie auf die Auslieferung verzichtet.
Hätte man diese Strafverfolgung durchgezogen, hätte die Gefahr bestanden, dass mit ähnlichen Fällen künftig auch so umgegangen wird. Das könnte sich auf das gesamte Nachrichtengeschäft und auf die Meinungs- und Pressefreiheit auswirken.