Nach Brückeneinsturz in Baltimore Schiffscrew verhinderte wohl größere Katastrophe
Nach dem Einsturz einer Brücke in der US-Stadt Baltimore wird immer deutlicher, dass die Crew des manövrierunfähigen Schiffs wohl viele Leben gerettet hat. Die Regierung in Washington segnete derweil 60 Millionen Dollar Soforthilfen ab.
Je mehr über den Brückeneinsturz in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland bekannt wird, desto klarer wird: Sowohl die Besatzung des havarierten Containerschiffs als auch die Ersthelfenden haben viel richtig gemacht - und ganz offenbar eine größere Katastrophe verhindert.
Nur knapp anderthalb Minuten lagen zwischen dem Notruf der Schiffsbesatzung und dem Einsturz der Francis-Scott-Key-Bridge. Um 1:27 Uhr und 25 Sekunden Ortszeit meldete der Schiffslotse: Die "Dali" habe einen Stromausfall und steuere direkt auf die Brücke zu. Sofort wurde dort der Verkehr eingestellt - wie per Funk zu hören ist. "Stoppt den gesamten Verkehr auf der Key Bridge. Da kommt ein Schiff, das nicht mehr steuern kann."
Für sechs Bauarbeiter kam der Notruf zu spät
Die "Dali" hatte zuvor noch den Anker geworfen, um abzubremsen. Um ungefähr 1:29 Uhr rammte das Containerschiff trotzdem einen Stützpfeiler der Brücke - die sofort in sich zusammenbrach.
Für die meisten der Bauarbeiter, die auf der Brücke waren, um Schlaglöcher auszubessern, kam der Notruf zu spät. Sechs von ihnen sind tot, einer konnte aus dem Wasser des Patapsco Rivers gerettet werden. Ein anderer konnte buchstäblich sehen, wie die Brücke hinter ihm einstürzte. Er überlebte, weil er gerade noch rechtzeitig gewarnt wurde. Das erklärte Marylands Gouverneur, Wes Moore, in einer Pressekonferenz.
Polizei reagierte schnell
Momentan gibt es keine Informationen dazu, dass möglicherweise noch andere Fahrzeuge auf der Brücke waren. Zu verdanken ist das vermutlich der schnellen Reaktion der Polizei, die den Verkehr stoppte. Oder einer glücklichen Fügung - wie bei Taxifahrerin Gayle Fairman. Wäre ihr Fahrgast nicht etwas zu spät gewesen, hätte sie zum Zeitpunkt des Einsturzes direkt auf der Brücke sein können, sagte sie bei CNN.
Fairman stand mit ihrem Auto quasi in erster Reihe, um die Brücke über den Patapsco River zu überqueren - als sie von einem Polizeibeamten gestoppt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Key-Bridge schon eingestürzt.
Verkehrsminister: Zahl der Todesopfer hätte viel höher sein können
Ohne die Bemühungen der Rettungskräfte, den Notruf, den sofort gestoppten Verkehr und die Tageszeit hätte die Zahl der Todesopfer viel höher sein können, sagte US-Verkehrsminister Pete Buttigieg.
Außerdem wird in den Tagen nach dem Unglück auch immer wieder die wichtige Arbeit der Taucher hervorgehoben. Trotz der gefährlichen Bedingungen im kalten Wasser - inmitten der Trümmerteile der Brücke - konnten sie am Mittwoch zwei Leichen bergen. "Das Engagement, die Entschlossenheit und die Selbstlosigkeit unserer Ersthelfenden sollte niemals in Frage gestellt werden“, sagte Baltimores Bürgermeister Brandon Scott.
Washington stellt 60 Millionen Dollar Soforthilfen bereit
Die US-Regierung hat inzwischen Soforthilfen im Wert von 60 Millionen Dollar, rund 56 Millionen Euro, zugesagt. Damit der Hafen von Baltimore wieder für den Schiffsverkehr freigegeben werden kann, muss zuerst das Containerschiff entfernt werden - das unter Trümmern der Brücke eingeklemmt ist. Bis das geschafft ist, wird es noch dauern, meint Gouverneur Wes Moore: Die "Dali" sei immerhin fast so lang wie der Eiffelturm.
Der vorläufige Bericht darüber, wie genau es zu dem Unglück kommen konnte, wird frühestens in zwei Wochen erwartet. Für Baltimore und ganz Maryland wird es noch sehr viel länger dauern, die letzten Tage zu verarbeiten.