Streit mit Disney-Konzern Hat sich DeSantis verrannt?
Floridas Gouverneur DeSantis liefert sich eine Dauerfehde mit Disney. Viele sehen darin die überzogene Kampagne eines erzkonservativen Karrierepolitikers - andere ein Ablenkungsmanöver des Konzerns.
Freitagmorgen im "European American Bakery Café" in Fort Myers: Immer zum Wochenausklang treffen sich hier die Mitglieder des South West Florida Business Network zum Gedankenaustausch - sie sind Kleinunternehmer, Ladenbesitzer, Selbstständige.
Es ist die Woche, in der Disney Floridas Gouverneur Ron DeSantis verklagt hat. Das jüngste Kapitel der Saga bewegt auch die Teilnehmer des Unternehmerstammtischs. "Disney liegt falsch, und der Konzern behandelt die Region unfair", meint Katrina Salokar. Sie ist die Chefin einer Immobilienverwaltungsgesellschaft und voll auf DeSantis' Seite. Disneys Sonderrechte und Steuervorteile seien nicht mehr zeitgemäß, findet sie: "Disneys Sonderstatus muss auslaufen."
Streit über Steuern und "Don't say gay"-Gesetz
Als der Konzern Anfang der 1970er-Jahre nach Florida kam, um dort sein "Magic Kingdom" zu errichten - die mittlerweile vier Vergnügungsparks bei Orlando -, hatte Florida mit allerhand Ansiedlungsanreizen gelockt. Disney wurde ein "Special Taxing District" zugestanden, eine Niedrigsteuerzone. Die Mittelständler von Fort Myers, die die volle Steuerlast zu tragen haben, finden, dass jetzt gleiches Recht für alle gelten sollte.
"Disney gewinnt, wenn der Konzern das Thema in den Medien hält", sagt Dawn Cassara. Ihr gehört Aspen Contracting & Roofing, eine Dachdeckerfirma. Sie ist überzeugt davon, dass die Debatte um das sogenannte "Don’t say gay"-Gesetz nur ein Ablenkungsmanöver sei.
Disney hatte DeSantis' hoch umstrittenes Verbot, in Floridas Grundschulen sexuelle Orientierung und Transgenderfragen zu behandeln, öffentlich kritisiert. Seither heißt es vor allem in den überregionalen Medien, DeSantis wolle Disney den Sonderstatus allein aus Rachegelüsten entziehen.
Disney habe die Debatte so manipuliert, dass es jetzt nur noch um den Kulturkampf gehe und nicht mehr um Steuergerechtigkeit, sagt Cassara.
Präsidentschaftskandidatur in Gefahr
Während Floridas Mittelstand weiter zu DeSantis hält, geht andernorts die republikanische Partei zunehmend auf Distanz. "Damit zu drohen, neben einem Vergnügungspark für Familien ein Gefängnis zu bauen, wie DeSantis es getan hat, ist vielleicht nicht beste Idee", moniert Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses.
Und die ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley, Gouverneurin in South Carolina, hat dem Disney-Konzern bereits vorgeschlagen, in ihren Staat zu wechseln.
Die Disney-Fehde drohe, DeSantis' mögliche Präsidentschaftskandidatur zu gefährden, prognostiziert Professor Julian Zelizer, der in Princeton Politikwissenschaften lehrt, im CNN-Interview.
"Das lässt ihn mehr und mehr wie einen Rechtsaußen-Kulturkrieger aussehen, und nicht mehr wie einen gemäßigten Trump-Republikaner mit Präsidentschaftsambitionen." DeSantis habe sich verrannt - ausgerechnet jetzt, wo ihn auch noch Ex-Präsident Donald Trump ins Visier genommen hat.