Temperaturen über 40 Grad Brasilien leidet unter Hitze und Dürre
Noch ist es nicht Sommer in Brasilien, doch schon jetzt haben hohe Temperaturen das Land fest im Griff - nicht zum ersten Mal in diesem Jahr. Meteorologen warnen vor großen Gefahren für Mensch und Natur.
Bereits vor Beginn des Sommers auf der Südhalbkugel leiden weite Teile Brasiliens seit Tagen unter einer heftigen Hitzewelle. In der Millionenmetropole Rio de Janeiro zeigte das Thermometer in der vergangenen Woche über 40 Grad an. Ähnlich heiß war es auch in anderen Regionen im Zentrum und Süden des Landes.
Warnung vor gesundheitlichen Folgen
Das Nationale Meteorologische Institut (Inmet) stufte die Lage in 15 Bundesstaaten und dem Bundesbezirk rund um die Hauptstadt Brasília als sehr gefährlich ein. Die staatliche Organisation rief für den mittleren Westen, den Südosten und Teile des Nordens Katastrophenalarm aus und warnte vor einer "hohen Wahrscheinlichkeit größerer Schäden und Unfälle mit Risiken für die körperliche Unversehrtheit oder sogar menschliches Leben". Es bestehe die Gefahr von Dehydrierung, Kopfschmerzen, Übelkeit und Kreislaufproblemen.
"... und es ist noch nicht einmal Sommer."
Extreme Hitze kann sich auf die Atmung, die Nieren und das Herz auswirken. Sehr junge und ältere Menschen sind besonders stark gefährdet. "Höchstwert 39 Grad, und es ist noch nicht einmal Sommer", schrieb die Stadt Rio am Dienstag auf der Plattform X, ehemals Twitter. Das Büro des Bürgermeisters empfahl den Bürgern, Obst und Gemüse zu essen und einen Schirm mitzunehmen, um sich vor der Sonne zu schützen.
Der Energieverbrauch stieg nach Angaben des nationalen Stromnetzbetreibers in Brasilien auf ein Rekordniveau. In mehreren Städten fiel der Strom aus. Ein zweijähriges Kind starb, nachdem es in São Paulo in einem Schultransporter in der Hitze vergessen worden war, wie die brasilianische Zeitung "Folha de São Paulo" berichtete.
Kritik an Organisation von Taylor-Swift-Konzert
US-Popstar Taylor Swift verschob ein Konzert in Rio de Janeiro auf Montag, nachdem ein Fan während ihres ersten Konzerts am Freitag gestorben war - mutmaßlich aufgrund der extremen Temperaturen. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde von Rio de Janeiro habe die 23-jährige Ana Benevides angegeben, sich schlecht zu fühlen und dann einen Herzstillstand erlitten. Wiederbelebungsversuche seien fehlgeschlagen, hieß es. Am Tag des Konzertes war der Hitzeindex in Rio, der Lufttemperatur mit -feuchtigkeit kombiniert, auf 59 Grad Celsius gestiegen. Wie im Internet verbreitete Aufnahmen zeigen, schickte Swift Helfer los, um Wasserflaschen an durstige Fans zu verteilen.
Heftige Kritik trifft nun die Organisatoren, weil die Konzertbesucher trotz hoher Temperaturen keine Wasserflaschen in die Konzerthalle mitnehmen durften. Das brasilianische Justizministerium erließ nach dem Vorfall eine Verordnung, die Konzertveranstalter verpflichtet, den Fans Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen. "Es ist inakzeptabel, dass Menschen leiden, ohnmächtig werden und sogar sterben, weil sie keinen Zugang zu Wasser haben", sagte Justizminister Flavio Dion. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Ursache für Benevides' Tod noch nicht offiziell geklärt sei.
Waldbrände, Fischsterben, trockene Flüsse
Das Amazonasgebiet erlebt die schlimmste Trockenheit seit Beginn der Aufzeichnungen vor 120 Jahren. Die Pegel einiger der wichtigsten Flüsse waren zuletzt in noch nie da gewesenem Maße gesunken. Die Auswirkungen sind gravierend mit Folgen für die Bevölkerung an den Flüssen, die regionale Wirtschaft sowie die Flora und Fauna.
Im Bundesstaat Minas Gerais wurden innerhalb von drei Tagen etwa 500 tote Fische in einer Lagune der Hauptstadt gefunden. Die Todesfälle hingen mit den Auswirkungen der steigenden Temperaturen zusammen, berichtete die Zeitung "Folha de São Paulo" unter Berufung auf die Stadtverwaltung.
Im weltgrößten tropischen Feuchtgebiet Pantanal wüten großflächige Wald- und Buschbrände. Allein im November wurden bislang mehr als 3.000 Brände in der Region registriert, wie die Zeitung "Brasil de Fato" meldete. Dabei handele es sich um die schwersten Brände seit mehr als 20 Jahren - begünstigt durch hohe Trockenheit und die derzeitige Hitzewelle.
Satellitenaufnahmen zeigen, wie riesige Rauchwolken den Himmel der südlichen und südwestlichen Bundesstaaten Brasiliens verdunkeln. Die betroffenen Staaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul erklärten den Notstand. Die Brände haben bereits Zehntausende Hektar erfasst. Im Nationalpark Río Negro brennen den Angaben zufolge 70 Prozent der Fläche. Das Pantanal grenzt im Süden an Paraguay und Bolivien und im Norden an die Amazonas-Region.
Im weltgrößten tropischen Feuchtgebiet Pantanal wüten großflächige Wald- und Buschbrände.
El Niño trifft auf Klimawandel
In Südamerika beginnt der Sommer erst langsam, aber schon in den vergangenen Monaten war es deutlich zu heiß. In Brasilien, Bolivien, Argentinien und Paraguay stiegen die Temperaturen beispielsweise schon im August und September häufig auf über 40 Grad Celsius.
Die derzeitige extreme Hitze ist auch in Bolivien zu spüren. Besonders alte Menschen und Kinder litten darunter, teilte eine Vertreterin der "Save The Children" in Bolivien der Nachrichtenagentur epd mit. Durch das wenige Wasser sei auch die Landwirtschaft beeinträchtigt. Zusätzlich gebe es mehr Durchfallerkrankungen, weil sich Bakterien im warmen Wasser besser ausbreiten. "Save the Children" erhalte auch Berichte, dass Kinder aufgrund der extremen Hitze beispielsweise in der bolivianischen Amazonasregion lange Schulwege nicht mehr bewältigen können und dem Unterricht fernbleiben.
Die aktuelle Hitzewelle steht nach Einschätzung von Experten im Zusammenhang mit dem Wetterphänomen El Niño und der globalen Erwärmung. Nach Angaben von Wissenschaftlern kommt es aufgrund des menschengemachten Klimawandels häufiger zu Extremwetter-Ereignissen. Laut einer neuen Studie des staatlichen Nationalen Instituts für Weltraumforschung kamen Hitzewellen in den vergangenen 70 Jahren sieben Mal öfter vor. Die aktuelle ist bereits die achte in Brasilien seit Jahresbeginn. Zum ersten Mal überhaupt ist eine Region des Landes - im nordöstlichen Staat Bahia - jetzt als Wüste einzustufen, wie eine Untersuchung der Behörde zeigte.