Blinken bei Netanyahu "Dieser Moment ist entscheidend"
Zum neunten Mal seit Beginn des Krieges ist der US-Außenminister nach Israel gereist. Dort wirbt Blinken erneut für ein Abkommen mit der Hamas. Doch Premier Netanyahu steht unter Druck der Koalitionspartner.
Am Anfang eines Tages des eindringlichen Werbens für ein Gaza-Abkommen traf der US-Außenminister den israelischen Staatspräsidenten. Izchak Herzog warf der Hamas vor, sich in den Verhandlungen nicht zu bewegen. Sein Gast aus den USA, Antony Blinken, richtete einen eindringlichen Appell an beide Konfliktparteien.
Dieser Moment ist entscheidend. Die wahrscheinlich beste und vielleicht letzte Gelegenheit, die Geiseln nach Hause und eine Feuerpause zu bekommen. Sowie alle auf einen besseren Weg zu bringen - für Frieden und Sicherheit.
Washington macht Druck und will eine Vereinbarung - deshalb ist Blinken kurzfristig und zum mittlerweile neunten Mal seit dem Terrorüberfall der Hamas nach Israel gereist. Für Gespräche mit der israelischen Führung, mit Premierminister Benjamin Netanyahu, mit Verteidigungsminister Yoav Gallant und eben mit Staatspräsident Herzog. Überzeugungskraft scheint nötig.
Israelische Medien berichten übereinstimmend, Regierungschef Netanyahu halte die Erfolgsaussichten der aktuellen Verhandlungen für gering. Das von den Vermittlern vorgelegte Rahmenabkommen sieht einen Abzug israelischer Truppen aus den bewohnten Gebieten des Gazastreifens vor. Netanyahu besteht aber auf einer Truppenpräsenz an der Grenze des Küstengebiets zu Ägypten und in einem Korridor, der den Gazastreifen in Nord und Süd teilt.
"Werden keine weiteren Besuche der Amerikaner erleben"
Der ehemalige israelische Unterhändler für Geiselfragen und Ex-Geheimdienstmitarbeiter Yaron Blum sieht trotz der bestehenden Differenzen Aussichten auf eine Einigung. Blum sagte im Interview mit dem israelischen Sender 103 FM: "Die Verhandlungen stecken noch nicht in einer Krise. Die Stimmung ist zwar nicht mehr so optimistisch, wie sie noch am vergangenen Wochenende war, aber Blinken ist angereist und das stellt eine echte Gelegenheit dar, den Deal abzuschließen."
Es sei wirklich die letzte Chance, so Blum. "Wir werden hier keine weiteren Besuche der Amerikaner erleben, denn sie werden sich jetzt den anstehenden US-Wahlen widmen."
Netanyahu steht unter starkem innenpolitischem Druck. Einer aktuellen Umfrage zufolge wollen rund zwei Drittel der Israelis ein Abkommen, um die Freilassung der Geiseln zu erreichen. Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner lehnen eine Vereinbarung aber ab und drohen mit einem Austritt aus dem Regierungsbündnis. Blinken kennt diese Ausgangslage.
Blinken appelliert auch an die Hamas
Am Morgen vor seinen Gesprächen in Israel unterstrich der US-Außenminister: "Es ist Zeit für einen Deal und um sicherzustellen, dass keine Schritte unternommen werden, die diesen Prozess gefährden. Es ist Zeit für alle, Ja zu sagen - und nicht nach Ausreden für ein Nein zu suchen." Das richte sich auch an die Hamas.
Die Terrororganisation hat den jüngsten Vorschlag für ein Abkommen abgelehnt und wirft den Vermittlern vor, einseitig israelische Positionen übernommen zu haben. Beobachter gehen davon aus, dass nun Ägypten und Katar, die zusammen mit den USA in dem Konflikt vermitteln, den Druck auf die Hamas erhöhen werden, einer Vereinbarung über eine Feuerpause und die Freilassung der Geiseln zuzustimmen. Die Terrororganisation reklamiert einen Anschlagsversuch am Sonntagabend für sich.