Hamas im Libanon Wo Propaganda und Lügen viel Resonanz finden
Die Terrororganisation Hamas betreibt in arabischen Ländern ungehindert Propaganda. Auf einer Pressekonferenz im Libanon berichtet Hamas-Vertreter Naim über "zionistische Fake News".
Bassem Naim, hochrangiges Mitglied im Politischen Büro der Hamas, hat in der libanesischen Hauptstadt zu einer Pressekonferenz eingeladen. Der Salon ist mit einem stark riechenden Blumengebinde und den Standarten der Hamas und der Hisbollah dekoriert. Kleine Wasserfläschchen und süßer Orangensaft werden serviert. Dass man kämpfen werde "bis zur sicheren Niederlage des Feindes", sagt Naim, und dass es hier nicht nur um die Sache der Palästinenser gehe, sondern um die der ganzen islamischen Welt.
Die meisten arabischen Medienvertreter, die hier im Halbkreis zusammensitzen, machen sich eifrig Notizen. Es habe am 7. Oktober kein Massaker an jüdischen Zivilisten gegeben, behauptet Naim. Zionistische Fake News seien das gewesen. Die Hamas habe nur militärische Ziele in Israel attackiert. Die arabischen Medienvertreter fragen nicht nach. Sie stimmen mit Naim überein und bringen die Botschaften der Hamas unters Volk.
Hamas bestimmt Diskurs in nahöstlichen Medien
Das gehört mit zum Unerträglichsten in dieser bösartigen Zeit: Dass die groteske Verdrehung der Tatsachen, die Propaganda, die Lügen unfassbar viel Resonanz finden in der arabischen Welt. Die Hamas bestimmt den öffentlichen Diskurs in den nahöstlichen Medien. Ihr Narrativ ist längst zur Mehrheitsmeinung geworden.
Die Hamas, die sich in Gaza in Tunnellabyrinthen verschanzt, betreibt im Libanon und anderen arabischen Ländern frei und ungehindert Agitation. Der Tod von mehr als 10.000 Palästinensern in Gaza und das israelische Dauerbombardement, sagt Naim, führe am Ende dazu, dass die Hamas in der arabischen Welt immer mehr Zulauf bekomme: "Nicht wir rekrutieren jetzt neue Anhänger, die Israelis tun das."
Schnelle Karriere bei der Hamas
Naim steht mit einem Mal auf, lächelt und sagt "Ach - ein Reporter aus Deutschland." Und in fließendem Deutsch fährt er fort: "Ich war in Deutschland, ungefähr zehn Jahre, in Erlangen bei Nürnberg - Freistaat Bayern. Ich habe Medizin studiert von 1982 bis 1992. Ich bin auf allgemeine Chirurgie spezialisiert." Deutschland habe ihm damals gefallen, sagt er - jetzt sehe er das aber anders. Jetzt stehe Deutschland ja nur noch bedingungslos an Israels Seite.
Als Naim Ende der 1990er-Jahre als ausgebildeter Arzt nach Gaza zurückging, schloss er sich der Hamas an und machte schnell Karriere: Gesundheitsminister, Minister für Jugend und Sport, bis vor wenigen Wochen war er Hamas-Vertreter in Moskau. Nun ist er also hier in Beirut.
Zweckbündnis aus Hisbollah und Hamas
Die schiitische Hisbollah, die den Libanon dominiert und auch entscheidet, wer hier willkommen ist oder nicht, hat mit der sunnitischen Hamas eine Art Zweckbündnis geschlossen. Gemeinsam mit irakischen, syrischen und jemenitischen Schiiten-Milizen ist die Hisbollah tragender Teil der vom Iran geschmiedeten "Achse des Widerstands". Was die schiitischen Extremisten mit den sunnitischen aus dem Gazastreifen verbindet, ist der gemeinsame Erzfeind Israel. Hass reicht aus, um solche Allianzen zu schließen.
"Dead men walking" hat Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu die Hamas-Militanten nach dem 7. Oktober genannt - Männer, die so gut wie tot sind. Aber im Hamas-Büro gibt es ein ständiges Kommen und Gehen. Man kennt sich, grüßt sich, umarmt sich.
Die Hamas-Auslandsfiliale liegt übrigens im Süden Beiruts, mitten im dicht besiedelten Hisbollah-Gebiet. Ein Wohnblock, acht Stockwerke, darin auch ein Kindergarten. Aus Sicht der Hamas ist das eine günstige Lage. Nur für den Fall, dass hier mal eine Rakete einschlägt.