Trotz hoher Stimmverluste Indiens Premier Modi erklärt sich zum Wahlsieger
Indiens Premier Modi sieht sich nach der Wahl als Sieger. Tatsächlich gilt seine dritte Amtszeit als sicher, doch sein Koalitionsbündnis muss eine herbe Schlappe einstecken. Statt seine Machtbasis auszubauen, steht Modi nun geschwächt da.
Bei der Parlamentswahl in Indien hat sich der amtierende Premierminister Narendra Modi zum Sieger erklärt. Die Menschen im Lande hätten seiner Regierungskoalition "zum dritten Mal in Folge ihr Vertrauen ausgesprochen", schrieb Modi auf der Plattform X.
Verlust der absoluten Mehrheit
Nach Auszählung eines Teils der Stimmen dürfte seine hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) erneut stärkste Partei werden. Sie liegt demnach mit 39,9 Prozent in Führung. Damit dürfte sie ihre bisherige absolute Mehrheit im Unterhaus verlieren. Damit wäre sie auf ihre beiden Koalitionspartner angewiesen, um eine Regierung zu bilden. Trends großer Fernsehsender zeigen, dass die Nationale Demokratische Allianz (NDA) unter Führung von Modis BJP auf 300 der 543 Sitze im Parlament zusteuert. Die Mehrheit liegt bei 272 Sitzen.
Modis BJP hatte bei der vorherigen Wahl allein 303 Sitze und damit deutlich mehr als die zum Regieren erforderliche Mehrheit gewonnen. Zusammen mit ihren Verbündeten hatte sie vor fünf Jahren noch 353 Sitze und damit eine satte Mehrheit errungen.
Opposition stärker als erwartet
Modi hatte die Messlatte für einen Erfolg im Wahlkampf selbst hoch gehängt: Seine Regierungskoalition werde mehr als 400 der zur Wahl stehenden 543 Sitze im Unterhaus gewinnen und ihre Mehrheit ausbauen, sagte er. Dieses Ziel hat er offensichtlich verfehlt.
Stattdessen konnte das Oppositionslager überraschend zulegen, wie Prognosen zeigten. Die Kongresspartei unter Führung von Rahul Gandhi könnte demnach auf mehr als 200 Sitze im Unterhaus kommen, und damit weit mehr als die angenommenen 120.
Zwar galt als sicher, dass Modi für eine dritte Amtszeit von fünf Jahren weiterregieren kann. Allerdings schloss Gandhi Gespräche mit zwei von Modis Koalitionspartnern nicht aus. Die Börse erlitt als Reaktion auf Modis Schlappe die stärksten Verluste seit vier Jahren.
800 Millionen Menschen in der Sozialhilfe
Die BJP hatte im Wahlkampf stark auf den selbst geschaffenen Personenkult um Modi gesetzt. Modi will nach Jawaharlal Nehru, dem ersten Premierminister des Landes, der erst zweite Staatschef in der Geschichte des Landes werden, der drei Amtszeiten in Folge regieren kann.
Doch statt seine Machtbasis wie erhofft weiter auszubauen, steht er jetzt geschwächt da. Modi kam vor einem Jahrzehnt mit dem Versprechen an die Macht, die indische Wirtschaft umzugestalten. Seither hat sich das Land stark verändert. Unter seiner Regierung hat sich die Wirtschaftsleistung nahezu verdoppelt.
Doch obwohl Indien inzwischen zur fünftgrößten Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiegen ist und Investoren anlockt, gibt es Risse in der schönen Fassade. Viele Menschen finden keinen Job, Arbeitslosigkeit und Inflation sind hoch. Rund 800 Millionen der 1,4 Milliarden Menschen kommen offiziellen Angaben zufolge nur mit Sozialhilfe über die Runden. Das Wachstum ist extrem ungleich verteilt.