Leuchtstreifen sind am Himmel über Jerusalem zu sehen, nachdem der Iran Drohnen und Raketen in Richtung Israel abgeschossen hat.
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Iran attackiert Israel Der nächtliche Angriff und die Folgen

Stand: 15.04.2024 00:50 Uhr

Es war eine beispiellose Attacke aus dem Iran auf Israel. Mit Drohnen und Raketen attackierte Teheran - fast ohne größere Schäden. Wie reagiert Israel? Wie groß ist die Gefahr eines Flächenbrands? Antworten auf die wichtigsten Fragen. 

Wie verlief der iranische Angriff auf Israel?

Der Iran hat Israel in der Nacht zu Sonntag erstmals direkt von seinem Staatsgebiet aus mit Drohnen und Raketen angegriffen. Im ganzen Land heulten die Sirenen - in Jerusalem etwa gab es gegen 1.45 Uhr Ortszeit Raketenalarm. Über dem Himmel der Stadt waren Leuchtstreifen zu sehen und Explosionen von abgefangenen Raketen zu hören. Die Bürger wurden aufgefordert, sich in Schutzräumen in Sicherheit zu bringen.

Am Morgen erklärte das Militär dann, dass der Angriff "vereitelt" worden sei. Von rund 300 ballistischen Raketen und Drohnen seien 99 Prozent von Israel, den USA, Großbritannien und Jordanien abgefangen worden - teilweise schon über Syrien und Jordanien, meldeten israelische Medien.

Neben den Geschossen aus dem Iran feuerte auch die libanesische Hisbollah-Miliz nach eigenen Angaben Raketen auf einen israelischen Militärstützpunkt ab. Zudem beteiligten sich Medienberichten zufolge die radikalislamischen Huthi vom Jemen aus an den Angriffen. Deren Geschosse erreichten Israel laut Armeesprecher Daniel Hagari aber nicht.

Irans Luftangriff auf Israel: Wie hoch ist das Risiko eines Flächenbrands?

Hanna Resch, ARD Tel Aviv, tagesthemen, 14.04.2024 23:00 Uhr

Welche Schäden sind entstanden?

Nach Informationen von ARD-Korrespondent Christian Limpert sollen bei den Angriffen insgesamt 31 Menschen verletzt worden sein, darunter ein siebenjähriges Mädchen schwer. Eine Rakete traf einen israelischen Luftwaffenstützpunkt und verursachte leichten Schaden. Größere Schäden konnten demnach verhindert werden.

Wie begründet der Iran den Angriff?

Irans Revolutionsgarden sprachen von einer "Strafe" für Israel. Die Regierung in Teheran hatte Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Luftangriff auf seine Vertretung in Damaskus am 1. April angekündigt. Bei der Attacke wurde unter anderem ein hochrangiger Kommandeur der Revolutionsgarden getötet. Diplomatische Vertretungen sind nach internationalen Vereinbarungen von Angriffen ausgenommen.

Der massive Angriff auf Israel hätte nach Darstellung der iranischen Revolutionsgarden deutlich stärker ausfallen können. "Wir haben den Umfang der Operation auf den Teil der Einrichtungen beschränkt, den das Regime für den Angriff auf unser Konsulat (in Syrien) genutzt hat", sagte der Kommandeur der Revolutionsgarden, Hussein Salami, laut der Nachrichtenagentur Tasnim.

Führung in Teheran spricht von angemessener Vergeltung und warnt Israel vor Gegenschlag

Katharina Willinger, ARD Istanbul, tagesschau, 14.04.2024 20:00 Uhr

Für den Fall, dass Israel mit Vergeltungsmaßnahmen reagiere, kündigte das Regime in Teheran eine deutliche Antwort an. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi erklärte, "jedes neue Abenteuer gegen die Interessen der iranischen Nation" würden von der Islamischen Republik Iran hart beantwortet werden.

Wie reagiert Israel?

Nach dem Angriff berief Israels Premierminister Benjamin Netanyahu das Kriegskabinett ein - das tagt noch immer. Benny Gantz, Mitglied des Kabinetts und Ex-Verteidigungsminister, kündigte bereits eine Vergeltung an, lässt den Zeitpunkt aber offen. "Wir werden eine regionale Koalition bilden und den Iran zur Rechenschaft ziehen, zum richtigen Zeitpunkt und so, wie es für uns richtig ist", teilt er mit.

Die USA lehnten eine militärische Antwort ab, berichteten CNN und das "Wall Street Journal". Dies habe US-Präsident Joe Biden Netanyahu mitgeteilt.

"Einige Hardliner fordern sehr hartes Vorgehen", Christian Limpert, ARD Tel Aviv, über die Reaktion Israels auf den iranischen Angriff

tagesschau, 14.04.2024 20:00 Uhr

Welche Reaktionen gibt es auf die Attacke?

Der Drohnenangriff hat weltweit heftige Kritik hervorgerufen - etwa von den G7-Staaten. Der Iran habe einen "weiteren Schritt zur Destabilisierung der Region getan und riskiert, eine unkontrollierbare regionale Eskalation zu provozieren", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Eine solche Eskalation müsse verhindert werden. Die G7-Gruppe sicherte Israel volle Unterstützung zu und forderte den Iran und seine Stellvertreter in der Region auf, ihre Angriffe einzustellen. Zur G7 zählen die USA, Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Japan.

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach zuvor von einer "unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke", mit der der Iran einen "regionalen Flächenbrand" riskiere, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels", fügte er hinzu.

Internationale Reaktionen auf den Angriff des Iran auf Israel

Marion Schmickler, ARD New York, tagesschau, 14.04.2024 20:00 Uhr

Scharfe Kritik kam auch von der EU: So sprach etwa der Außenbeauftragte Josep Borrell von einer "beispiellosen Eskalation". UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst beunruhigt" und forderte alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben.

Besorgt zeigten sich auch einige arabische Länder wie Ägypten und Saudi-Arabien. Das saudi-arabische Außenministerium rief in einer Erklärung alle Parteien dazu auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und die Region und ihre Bevölkerung vor der Gefahr eines Krieges zu bewahren.

Doch es gab auch Zuspruch für den Angriff des Iran. So sagte der syrische Außenminister Faisal Mekdad laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, Teheran habe bei der Vergeltung für den Angriff auf das Konsulatsgebäude in Damaskus sein "legitimes Recht auf Selbstverteidigung" ausgeübt. Unterstützung kam auch von der Hamas, den Huthi und der Hisbollah.

Droht nun eine weitere Eskalation in Nahost?

Experten sagen, dass die Gefahr einer weiteren Eskalation vor allem von Israel abhängt. Reagiert die Regierung militärisch, hat Teheran angekündigt, härter zu antworten. Bleibt es bei verbalen Attacken, könnte sich die Situation beruhigen. Beide Staaten hätten dann die Möglichkeit, "vom Abgrund zurückzutreten", glaubt Mona Yacoubian, Vizepräsidentin des Nahost- und Nordafrikazentrums am US-Institut für Frieden. 

Bei Israels Verbündeten scheinen weitere militärische Maßnahmen Israels derzeit nicht populär zu sein, sagt Eldad Shavit, Leiter des israelisch-amerikanischen Forschungsprogramms bei der israelischen Denkfabrik Institute for National Security Studies. 

Daniel Gerlach, Nahostexperte, mit einer Einordnung zur neuesten Eskalation zwischen dem Iran und Israel

tagesthemen, 14.04.2024 23:00 Uhr

Der Sicherheitsexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr sieht Zeichen, die darauf hindeuteten, dass der Iran keine weitere Eskalation möchte. Die Gefahr eines Flächenbrandes sei in der Region nicht sehr hoch, so Masala gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Der Iran habe ganz klar kommuniziert, dass es die Angelegenheit mit diesem Angriff für erledigt ansieht.

Nahost-Experte Daniel Gerlach sagte in den tagesthemen mit Blick auf eine Reaktion von Premier Netanyahu: "Ich denke auf jeden Fall, dass er zurückschlagen kann und dass er auch irgendwann zurückschlagen wird, aber dass er sich jetzt damit Zeit lässt."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. April 2024 um 20:00 Uhr.