Jerusalem Erneute Zusammenstöße auf Tempelberg
Erneut ist es in der Nacht auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Zuvor hatte es internationale Aufrufe zur Ruhe und Besonnenheit gegeben.
Am Tempelberg in Jerusalem ist es in der Nacht erneut zu Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern gekommen.
Gruppen junger Palästinenser hätten am späten Abend Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten geworfen und versucht, sich in der Al-Aksa-Moschee zu verbarrikadieren, berichteten israelische Medien unter Berufung auf die Polizei. Sie hätten Gläubige daran gehindert, die Moschee zu verlassen. Die Polizei habe den Gläubigen den Weg aus der Moschee gebahnt und die Palästinenser aus der Anlage vertrieben. Palästinensischen Angaben zufolge wurden sechs Menschen verletzt.
Zweite Nacht der Gewalt
Bereits in der Nacht zum Mittwoch hatte es auf dem Gelände des Tempelbergs Zusammenstöße zwischen israelischen Sicherheitskräften und Dutzenden Palästinensern gegeben. Nach Angaben der Polizei wurden rund 350 Menschen festgenommen. Sie hätten sich in der Al-Aksa-Moschee verbarrikadiert sowie Feuerwerkskörper gezündet und Steine geworfen. Berichten zufolge setzte die Polizei Tränengas, Schlagstöcke und Blendgranaten ein, um die Moschee zu räumen. Nach Angaben des Rettungsdienstes Roter Halbmond wurden rund 40 Palästinenser durch Schläge und Gummigeschosse der Polizei verletzt.
Als Reaktion feuerten in der Nacht radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen mindestens zehn Raketen auf israelisches Gebiet ab. Am frühen Morgen griff Israel daraufhin mehrere Ziele in dem Küstenstreifen an.
Situation während des Ramadan besonders angespannt
In den vergangenen Jahren kam es auf dem Gelände um die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen. Im Jahr 2021 eskalierte die Situation zu einem elftägigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.
Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan war eine Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage im Land befürchtet worden. Aktuell kommen besonders viele Muslime zum Tempelberg, um während des Fastenmonats dort zu beten. Am Mittwoch begann zudem das einwöchige jüdische Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem.
USA und UN schockiert über Gewalt
Die USA und die UN zeigten sich schockiert über die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg.
"Wir sind äußerst besorgt über die anhaltende Gewalt, und wir rufen alle Seiten auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby. Israelis und Palästinenser müssten zusammenarbeiten, "um diese Spannung zu deeskalieren", fügte Kirby hinzu. Es müsse wieder Ruhe hergestellt werden.
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte nach Angaben seines Sprechers Stephane Dujarric "schockiert und entsetzt" auf die Bilder von israelischen Polizisten, die in der Moschee auf Palästinenser einschlagen.
Die Gewalt sei besonders schockierend, weil sie sich zu einer Zeit ereigne, "die Juden, Christen und Muslimen heilig" sei und eine "Zeit des Friedens und der Gewaltfreiheit" sein sollte.
UN-Gesandte verurteilte Angriff auf Einsatzkräfte
Der UN-Gesandte Tor Wennesland äußerte sich "entsetzt über die Bilder der Gewalt". Die Schläge gegen Palästinenser sowie die hohe Zahl der Verhaftungen seien "beunruhigend". Gleichwohl verurteilte er die Verwendung von Steinen und Feuerwerkskörpern gegen die Einsatzkräfte.
Auch deutsche Bundesregierung rief zu Deeskalation auf. Alle, die Einfluss auf die Lage hätten, stünden in der Verantwortung, "dass jetzt kein weiteres Öl ins Feuer gegossen" werde, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Abbas-Sprecher befürchtet "große Explosion"
Ein Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas verurteilte das Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte. Er warnte davor, "die roten Linien an den heiligen Stätten zu überschreiten", wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete. Dies könne zu einer "großen Explosion" führen.
Die radikale Palästinenserorganisation Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, sprach von einem "beispiellosen Verbrechen". Sie rief die Palästinenser im Westjordanland auf, "in Massen zur Al-Aksa-Moschee zu strömen".