Mutmaßliche Mossad-Operationen Die lange Liste israelischer Tötungen im Iran
Teheran bezichtigt den israelischen Geheimdienst des Mordes an Hamas-Führer Hanija. Auch bei anderen Anschlägen in der Islamischen Republik soll Israel eine zentrale Rolle gespielt haben. Die Liste der Getöteten ist lang.
Seit der Islamischen Revolution 1979 gilt Israel für Iran als Erzfeind. Teheran bestreitet das Existenzrecht des jüdischen Staates und will ihn vernichten. Mehrfach hat Ayatollah Ali Khamenei das Land als "kleinen Satan" oder als "Krebsgeschwür" bezeichnet, "das herausgeschnitten werden sollte und herausgeschnitten werden wird".
Seit dem Bekanntwerden des iranischen Atomprogramms im Jahr 2002 hat sich die Feindschaft verschärft. Denn Israel, das selbst Atommacht ist, sieht sich als Ziel potenzieller iranischer Nuklearwaffen und versucht deshalb, deren Herstellung durch den Mullahstaat zu verhindern.
Weil dieser offensichtlich mit militärischen Angriffen rechnet, hat er seine zweite nukleare Anreicherungsanlage bei Fordo vor rund 15 Jahren in ein unterirdisches Felsmassiv gelegt, um sie besser zu schützen. Immerhin hat Israel bereits zweimal oberirdische Atomanlagen im Ausland zerstört: im Juni 1981 im irakischen Osirak und im November 2009 im syrischen Al-Kibar am Euphrat.
Zahlreiche iranische Atomphysiker umgebracht
Während des mittlerweile schon mehr als 20 Jahre dauernden Streits um das Atomprogramm Irans fielen mehrere hochrangige Wissenschaftler des Landes Attentaten zum Opfer. So starb 2007 Ardeshir Hosseinpour, eine Autorität auf dem Gebiet des Elektromagnetismus, durch eine Gas- oder Strahlenvergiftung.
2010 kamen der Physiker Massoud Ali-Mohammadi sowie der Nuklearingenieur Madschid Shahriari ums Leben. Beide wurden in Teheran durch eine ferngezündete Bombe getötet.
Ebenfalls 2010 überlebte der Kernphysiker Fereydoun Abbasi ein Bombenattentat. Er wurde daraufhin vom damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad umgehend zum Chef der iranischen Atombehörde befördert. Diese Beförderung sollte ein Zeichen ans Ausland, speziell an Israel sein. Denn Teheran vermutete hinter allen Anschlägen den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad.
Dies gilt ebenfalls für die tödlichen Anschläge auf die Wissenschaftler Dariush Rezaeinedschad und Mostafa Ahmadi Roshan 2011 und 2012. Beide waren ebenfalls in das iranische Nuklearprogramm involviert.
Leiter des Atomprogramms im Visier des Mossad
Der spektakulärste Anschlag ereignete sich im November 2020. Da nämlich wurde der Atomphysiker Mohsen Fakhrizadeh durch ein ferngesteuertes Maschinengewehr erschossen, als er außerhalb Teherans unterwegs war. Fakhrizadeh galt als Leiter des iranischen Atomprogramms.
Auch in dem Fall bezichtigte das iranische Regime den Mossad als Urheber. Im September 2022 wurden in diesem Zusammenhang 14 Personen angeklagt. Ihnen wurde unter anderem "Korruption auf Erden", "Beitrag zu Geheimdienst- und Spionagetätigkeiten für das zionistische Regime" sowie "Verschwörung mit dem Ziel, die Sicherheit des Irans zu gefährden" vorgeworfen.
Israel hat sich zu dem Vorwurf, für den Anschlag verantwortlich zu sein, nie öffentlich geäußert. Gleichwohl ließ der damalige Mossad-Chef Yossi Cohen wissen, dass Fakhrizadeh schon lange im Visier des Geheimdienstes gestanden habe.
Anschläge auf wichtige Revolutionsgardisten
Neben Wissenschaftlern, die in das Atomprogramm involviert waren, soll Israel auch wichtige Personen des iranischen Militärs getötet haben, beispielsweise Hassan Sayyad Khodai im Mai 2022. Er war Oberst der Revolutionsgarden und in den für Auslandsoperationen zuständigen Al-Kuds-Brigaden für Entführungen und Morde verantwortlich. Vorbeifahrende Motorradfahrer erschossen ihn vor seinem Haus in Teheran.
Damit führt eine direkte Linie zu den gezielten Tötungen von hochrangigen Revolutionsgardisten, die auch die israelischen Militäraktionen der vergangenen Monate kennzeichnen. So wurde am 25. Dezember 2023 Razi Mussawi, einer der ranghöchsten Kommandeure der Al-Kuds-Brigaden, durch einen Luftangriff in Syrien getötet.
Beim Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus am 1. April dieses Jahres starben zudem zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der Organisation.
Präzision als Markenzeichen
Auch wenn es aus Jerusalem keine offiziellen Stellungnahmen zu Attentaten auf militärische oder wissenschaftliche Schlüsselfiguren des iranischen Regimes gibt, ist wahrscheinlich, dass Israel dahintersteht.
Auffällig ist vor allem, mit welch hoher Präzision sämtliche Anschläge durchgeführt wurden. Ein Grund dafür ist wohl, dass Israel nicht die iranische Bevölkerung bekämpfen will, aus der über soziale Medien immer öfter Sympathiebekundungen für Israel zu vernehmen sind - sondern die Islamische Republik, die sein Existenzrecht gewaltsam bestreitet.