Uneinigkeit über Termin Gallant widerspricht Netanyahu bei Rafah-Offensive
Für Israels Premierminister Netanyahu steht der Zeitpunkt für einen Militäreinsatz in der Stadt Rafah bereits fest. Widerspruch kommt nun offenbar von Verteidigungsminister Gallant. Große Bedenken äußert die US-Regierung.
Innerhalb der israelischen Regierung herrscht offenbar Uneinigkeit über einen geplanten Militäreinsatz in der Stadt Rafah im Gazastreifen. Medienberichten zufolge teilte Verteidigungsminister Yoav Gallant seinem US-Kollegen Llyod Austin mit, dass es noch keinen Termin für eine solche Bodenoffensive gibt.
Gallant habe damit der Darstellung seines Premierministers Benjamin Netanyahu widersprochen, berichteten übereinstimmend die israelischen Zeitungen Haaretz, Times of Israel sowie das Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf informierte Quellen.
Netanyahu hatte am Montag noch öffentlich erklärt, der Termin für die geplante Offensive in der derzeit mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten stehe fest. Gallant sagte dagegen den Berichten zufolge in einem Telefonat mit Austin, Israel sei derzeit noch dabei, Pläne für die Evakuierung der dortigen Zivilbevölkerung fertigzustellen.
US-Regierung sieht Einsatz kritisch
Die US-Regierung will Israel von einem großangelegten Einsatz in Rafah abhalten. US-Außenminister Antony Blinken erwartet von Israel vorerst Stillhalten. Für die kommende Woche sei ein Treffen mit einer israelischen Delegation geplant, um über die Bedenken der US-Seite gegen einen solchen Einsatz zu sprechen, sagte Blinken.
"Ich gehe nicht davon aus, dass vor diesen Gesprächen irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden", betonte er. Man sei nach wie der Überzeugung, dass ein größerer Einsatz in Rafah extrem gefährlich für die Zivilisten wäre. Die israelische Seite habe der US-Regierung auch keinen Termin für eine Rafah-Offensive genannt, sagte Blinken.
Bericht: 40.000 Zelte für Evakuierung
Israel scheint unterdessen Evakuierungspläne für Rafah voranzutreiben. Als Vorbereitung für die Offensive wurden laut einem weiteren Medienbericht rund 40.000 Zelte für die Unterbringung von Zivilisten gekauft. Die Jerusalem Post berichtete, der Kauf diene dazu, den Weg für einen Militäreinsatz in der Stadt an der Grenze zu Ägypten "in der nahen Zukunft" zu ebnen.
Es gab bislang keine offizielle Mitteilung über den Erwerb der Zelte. Ein israelischer Repräsentant bestätigte lediglich die Vorbereitung von Tausenden von "Unterkünften". Nach UN-Schätzungen drängen sich in Rafah mehr als eine Million Flüchtlinge aus anderen Teilen des umkämpften Küstengebiets.
Auch hier betonte die US-Seite ihre Skepsis. Er habe noch keinen "glaubwürdigen und durchführbaren" Plan für die Umsiedlung der Menschen in Rafah gesehen, der detailliert darlege, wie die Zivilisten untergebracht und medizinisch versorgt werden könnten, sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan.
"Was er tut, ist ein Fehler"
Biden selbst bekräftigte seine Kritik an der israelischen Kriegsführung. "Was er tut, ist ein Fehler", sagte der US-Präsident in einem am Dienstagabend ausgestrahlten Interview über Premier Netanyahu. "Ich bin nicht einverstanden mit seinem Ansatz."
Geführt wurde das Interview des spanischsprachigen Senders Univision bereits am 3. April, also zwei Tage nach dem israelischen Angriff auf einen Konvoi der Hilfsorganisation World Central Kitchen im Gazastreifen, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen. Bidens Aussage war eine Antwort auf die Frage, ob Netanyahu sich in seinen Entscheidungen im Gaza-Krieg durch politische Erwägungen leiten lasse.
Biden sagte weiter, Israel sollte einer Waffenruhe zustimmen und mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen lassen. "Es sollte jetzt passieren." Am Tag nachdem das Interview geführt wurde, hatte Biden Netanyahu in einem Telefonat damit gedroht, die US-Unterstützung für Israel einzuschränken, wenn es nicht mehr zum Schutz von Zivilisten und Helfern im Gazastreifen unternimmt. Kurz darauf kamen neue Zusagen aus Israel.