Brexit-Abstimmung im Unterhaus Wieder mal ein Schicksalstag
Der "Super Samstag" soll heute eine Entscheidung im Brexit-Streit bringen. Doch egal wie die Parlamentarier abstimmen - das Thema dürfte die Briten noch länger beschäftigen, als ihnen lieb ist.
Der "Super Samstag" soll Boris Johnsons großer Tag werden. Der Tag, an dem er den Brexit-Vertrag mit der EU durchs Parlament bringt, nachdem der erste Deal unter seiner Vorgängerin Theresa May drei Mal durchgefallen war. Ob das funktionieren wird?
Premier Johnson hat stundenlange Dauertelefonate geführt, um Parlamentarier im ganzen Land zu überzeugen: "Wir haben den Deal, der uns erlaubt, auf den Backstop zu verzichten", sagte er. "Wir können als ganzes Vereinigtes Königreich auf der ganzen Welt Freihandelsverträge abschließen. Das heißt, wir können die Kontrolle über unsere Grenzen, über unser Geld, unsere Gesetze übernehmen und unsere Zukunft nach dem demokratischen Willen eines Vereinigten Königreichs gestalten."
Die Abgeordneten stimmen heute in der als "Super Saturday" bezeichneten historischen Sondersitzung über den kürzlich vereinbarten neuen Brexit-Deal ab. Seit dem Falklandkrieg vor 37 Jahren hat es keine Parlamentssitzung mehr an einem Samstag gegeben. Das Unterhaus trat um 10.30 Uhr zusammen. Nach dem Statement von Premier Boris Johnson zum Verlauf des EU-Gipfels und zu seinem Brexit-Abkommen dürfte es eine mehrstündige Debatte geben. Mit dem Beginn der Abstimmungen wird gegen 15.30 Uhr gerechnet.
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson: Dauertelefonate mit Skeptikern
Der Backstop sollte Nordirland im EU Binnenmarkt halten, bis es eine andere Lösung gibt. Jetzt bleibt Nordirland immer noch in der Zollunion. Das bedeutet, dass es Kontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs gibt. Das ist nicht akzeptabel, sagt die nordirische DUP. Ihre zehn Abgeordneten werden den Deal heute ablehnen.
Sturgeon empfiehlt ein Nein
Dasselbe gilt für die Abgeordneten der schottischen Nationalpartei, sagt deren Chefin Nicola Sturgeon. Und sie empfiehlt auch den Kollegen der oppositionellen Labour-Partei, mit Nein zu stimmen. "Wir wissen, dass die Regierung künftig eine Art von Wirtschaft betreiben will, die auf Unterbietungswettbewerb setzt", sagt sie. "Wir werden also demnächst Handelsverträge mit Donald Trump abschließen. Wie irgendein Labour-Abgeordneter dafür stimmen kann, ist mir unbegreiflich."
Etwa 30 Stimmen von außerhalb seiner derzeitigen Konservativen Fraktion braucht Johnson für eine Mehrheit. Das heißt, dass auch all die die Hand heben müssen, die er erst kürzlich aus der Partei geworfen hat. Und ein knappes Dutzend andere zusätzlich.
Falls er scheitert, muss er theoretisch noch heute die EU um eine dreimonatige Verlängerung bitten. Möglicherweise findet sich dann auch eine Mehrheit für ein neues Referendum.
Thomas Cole von der Kampagne People's Vote käme das gerade recht. Er will heute mit Tausenden in London für eine neue Volksabstimmung demonstrieren.
Nochmal abstimmen, nochmal wählen, nochmal verhandeln: Viele Briten mag das abschrecken. Andererseits: Das Thema Brexit wird so oder so nicht so schnell verschwinden.