Vor EU-Gipfel in Bratislava Drei Prioritäten für die EU
Der morgige EU-Gipfel in der Slowakei startet unter schwierigen Bedingungen. Mit der "Agenda von Bratislava" wollen Merkel und Hollande nun Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Im Vorfeld formulierten sie drei Prioritäten für die EU.
Der EU-Gipfel von Bratislava am morgigen Freitag soll ein Aufbruch werden, und wenn es um Aufbruch geht, dann braucht es auch Signale dafür. Das kurzfristig anberaumte Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande sollte genau so ein Signal sein - ein Signal an den Rest der EU, ein Signal voller Zweckoptimismus.
Diese intensive Vorbereitung des Gipfels beweise den Willen für eine gemeinsame Agenda, sagte Merkel. Diese mache deutlich, "dass wir entschlossen sind, auch auf die Schwächen, auf die Aufgaben die sich uns stellen, gemeinsam zu reagieren".
Nicht weniger als eine "Agenda von Bratislava", oder, wie es der französische Präsident nannte, "ein Plan von Bratislava" soll es also sein. Und das bei einem rein informellen Gipfel, auf dem es nicht einmal Entscheidungen geben kann. Das zeigt, wie schwierig die Lage in der EU aktuell ist.
Gipfel im Schatten der Europaskepsis
Erschüttert von Arbeitslosigkeit, besonders bei den Jugendlichen, hohen Flüchtlingszahlen, Terrorbedrohung oder unterschiedlichen Ansichten zum Beispiel in Sachen Wirtschaftspolitik wenden sich immer mehr Bürger europaskeptischen Parteien zu. Da ist auch Kanzlerin Merkel klar, dass nicht alles rund läuft: "Wir haben das, was wir in Deutschland soziale Marktwirtschaft nennen, also den Zusammenhalt der Gesellschaft, in Europa immer im Auge und wissen, dass das im Augenblick nicht an allen Stellen ausreichend realisiert wird."
Soll heißen: So lange sich wirtschaftlich viele Menschen und auch Staaten in der EU abgehängt fühlen, werden sie kaum neues Vertrauen zu Europa fassen. Arbeit und Wohlstand lautet daher eine der drei Prioritäten, die Merkel und Hollande als Teil der "Agenda von Bratislava" verstehen.
Eine weitere Priorität: die Sicherheit nach innen und außen: "Wir haben Bedrohungen durch den Terrorismus, wir haben Herausforderungen durch die Migration, und auf diese Fragen müssen wir eine Antwort geben", sagte Merkel. Die Außengrenzen müssten geschützt werden und gemeinsam Verantwortung übernommen werden.
Vorschläge, wie das gehen kann, haben Deutschland und Frankreich bereits gemacht. Doch für eine "Agenda von Bratislava" müssen alle an einem Strang ziehen. Alleingänge kommen da nicht gut an, weiß auch die Kanzlerin: "Wir wollen inklusiv arbeiten, das heißt, alle 27 Mitgliedstaaten sollen die Möglichkeit haben, natürlich mitzuwirken und die Dinge gemeinsam zu beschließen", erklärte sie.
Gemeinsame Werte als Bindemittel
Und dann ist da noch die dritte Priorität für die Agenda. Laut Hollande, "die vielleicht grundlegendste, wenn wir ein Kontinent mit Zukunft sein wollen." Nämlich die Frage: "Ob wir Werte, einen Geist, eine Kultur von Europa aufzeigen können, von denen die Jugend sich angesprochen fühlt und die sie weiterträgt."
Auch wenn das zunächst ein ideeller Gedanke ist, soll er nach dem Willen von Merkel und Hollande auch materiell befeuert werden, zum Beispiel, indem europäische Austauschprogramme oder der europäische Freiwilligendienst ausgebaut werden.
Klar ist allen Beteiligten, dass die EU nur an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen kann, wenn sie möglichst bald, möglichst konkret Vorschläge auf den Tisch legt, die möglichst schnell umgesetzt werden.
Die Vorschläge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gestern zeigen, dass die drei deutsch-französischen Prioritäten Sicherheit, Wohlstand und europäischer Geist offenbar im Vorfeld gut abgestimmt worden sind. Ob am Ende alle 27 EU-Länder mitmachen und wie weit eine "Agenda von Bratislava" tragen kann, muss sich zeigen.