EU-Verhandlungen mit der Türkei Merkel spricht von "Durchbruch"
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich mit der Türkei auf eine Reihe von Punkten zur Bewältigung der Flüchtlingskrise geeinigt. Bei den Details gibt es allerdings noch Diskussionsbedarf. In der kommenden Woche soll endgültig darüber entschieden werden.
Bis in die Nacht haben die Staats- und Regierungschefs der EU mit der Türkei verhandelt - am Ende konnten sie sich auf ein Grundgerüst zur Bewältigung der Flüchtlingskrise einigen.
Es sei noch mehr Arbeit notwendig, um ein Abkommen zu erzielen, teilte der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel zum Ende der EU-Türkei-Gespräche in Brüssel auf Twitter mit.
EU-Ratspräsident Donald Tusk soll nun mit der türkischen Seite bis zum nächsten Gipfel am 17. und 18. März ein Paket aushandeln.
Bei dem Gipfel mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu ging es um ein umfassendes Paket, um die Zuwanderung von Flüchtlingen nach Europa einzudämmen. Davutoglu überraschte dabei mit weitgehenden Plänen, die viele EU-Chefs unvorbereitet trafen.
So sehen die Pläne vor, dass die Türkei ab einem bestimmten Zeitpunkt sämtliche neuen Flüchtlinge aus Griechenland zurücknimmt. Sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge will Ankara weiter in ihre Herkunftsländer abschieben. Für jeden Syrer, den die Türkei aus Griechenland zurücknimmt, soll die EU einen der 2,7 Millionen Syrer aufnehmen, die mittlerweile in der Türkei leben.
Wenn sich die gefährliche Reise durch die Ägäis nicht mehr lohne, weil es nach der Ankunft in Griechenland gleich zurück in die Türkei gehe, könne dies mit den anderen getroffenen Maßnahmen "die Illegalität verschwinden lassen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es werde für Syrer "keine Anreize mehr geben, Schmuggler zu bezahlen", sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Er sprach von einer "Grundsatzeinigung" mit der Türkei.
"Die Tage illegaler Migration nach Europa sind vorbei"
"Die Tage illegaler Migration nach Europa sind vorbei", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Juncker und dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras warnte allerdings vor überzogener Euphorie. Die Gipfel-Ergebnisse seien lediglich ein Schritt nach vorne, zahlreiche Schritte seien noch nötig. "Die heutigen Bilder aus Idomeni, von unserer nördlichen Grenze, sind tragisch." Dort sitzen Tausende Flüchtlinge an der mazedonischen Grenze fest.
Für die Flüchtlingsrücknahme stellt die Türkei jedoch weitreichende Forderungen: So verlangt Ankara drei Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung für syrische Flüchtlinge. Die frühestens für den Herbst vorgesehene Visa-Freiheit für türkische Bürger soll spätestens ab Juni kommen. Zudem sollen in den Beitrittsverhandlungen umgehend fünf neue Kapitel eröffnet werden.
Er hoffe, der Plan leite "eine neue Ära in den Beziehungen der EU zur Türkei" ein, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Merkel stellte indes klar, selbst bei einer erfolgreichen Umsetzung bedeute dies noch nicht, dass die Türkei fest mit einer Aufnahme in die EU rechnen könne: Die Verhandlungen blieben "ergebnisoffen".
Eine der größten Hürden dürfte es sein, Zypern zum grünen Licht für die beschleunigten Beitrittsverhandlungen zu bewegen. Das sei "ein hartes Brett", so Merkel.
"Schlüsselbedingung" Pressefreiheit
Zum harten Vorgehen Ankaras gegen regierungskritische Medien sagte Tusk, die Pressefreiheit sei "eine Schlüsselbedingung" in den Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft, durch das angestrebte Flüchtlingsabkommen gebe es "hier keine Änderung". Davatoglu verteidigte sein Land gegen die Kritik. Niemand könne der Türkei mangelnde Redefreiheit vorwerfen, sagte der türkische Ministerpräsident. "Die Meinungsfreiheit ist unser gemeinsamer Wert, und sie wurde und wird in der Türkei geschützt."
In der Brüsseler Gipfelerklärung fand sich allerdings keine Kritik der 28 EU-Staats- und Regierungschefs an den Maßnahmen. Die Situation der Medien in dem Land sei mit dem türkischen Regierungschef diskutiert worden, hieß es lediglich darin.