Marineoperation im Mittelmeer EU startet Kampf gegen Schleuser
Phase eins im Kampf gegen die Schleuserbanden soll beginnen: Heute wollen die EU-Außenminister offiziell die Mittelmeer-Mission mit dem sperrigen Titel EUNAVFOR MED starten. Aber was bedeutet das und welche Probleme gibt es?
Seit im April innerhalb weniger Tage mehr als 1000 Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken, scheint fast sämtlichen Entscheidungsträgern in der EU klar geworden zu sein: "Alles, aber auch wirklich alles" muss getan werden, "um Menschenleben zu retten", wie es Kanzlerin Angela Merkel sagte.
Ein Satz, den nicht nur die deutsche Kanzlerin im Munde führt. Vor der Tragödie im April war er in Europa noch weniger oft zu hören gewesen. Seenotrettung ist nun das bei weitem wichtigste, aber beileibe nicht das einzige Mittel, mit dem man verhindern will, dass das Mittelmeer zu einer gigantischen Grabstätte wird.
Viel verspricht man sich auch von der Bekämpfung der Schleuserbanden. Dem "perfiden Geschäftsmodell" der Schleuser müsse der Boden entzogen werden, meint Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Aber sie weiß auch: "Das ist nicht einfach."
Am Anfang nur Aufklärung
Die EU erarbeitete einen mehrstufigen Plan. Stufe eins widmet sich der Aufklärung: Mit Satelliten, Drohnen und U-Booten soll ermittelt werden, wo die Schmuggler genau sind, wo sie sich hinbewegen, welche Boote benutzen sie? Diese erste Phase der Mittelmeer-Militäroperation läutet die EU jetzt ein.
Weiter geht sie noch nicht - das kann sie auch nicht: Wer auf hoher See Schiffe anhalten und betreten wolle, wenn man in libyschen Hoheitsgewässern operieren wolle, brauche eine Resolution des Weltsicherheitsrats, sagt Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Von der wisse man aber noch nicht, ob sie komme.
Für Phase zwei - das Stoppen und Sicherstellen von Schmugglerbooten - und Phase drei - deren Zerstörung - ist es also noch zu früh. Weder hat das Bürgerkriegsland Libyen, an dessen Küsten die meisten Flüchtlinge in Boote gepfercht werden, bislang seine Zustimmung gegeben - noch der UN-Sicherheitsrat, in dem auch Russland sitzt.
Die Widerstände sind groß
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini stellte zwar klar, man plane auf keinen Fall eine militärische Intervention in Libyen: "Was wir vorhaben, ist eine Marineoperation." Aber die Widerstände sind groß. Auch die Bundesregierung - das ist kein Geheimnis - hält von der Taktik nicht viel, Torpedos in Schmugglerschiffe hineinzujagen, sobald die Flüchtlinge von Bord sind. Auch wenn sie das nicht so gerne laut sagt.
Keinen Hehl aus seiner Skepsis macht dagegen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: "Mir macht Sorge, dass die Zerstörung von Booten Nebenwirkungen hat." Dieselben Boote, die kriminelle Banden an sich rissen, gehörten oftmals harmlosen Fischern. "Neutralisiert" man die, wie es im Fachjargon heißt, könnte dadurch armen Menschen die Lebensgrundlage entzogen werden.
Es gibt also innerhalb der EU in Sachen Flüchtlingsproblematik noch viel Klärungsbedarf. Phase zwei und drei im Mehrstufenplan gegen Schmuggler sind da nur das eine. Noch viel umstrittener ist aber der Kommissionsvorschlag, Schutzsuchende nach einem feststehenden Schlüssel auf alle EU-Länder zu verteilen.