Rede in Warschau Bidens Lichtshow für die Freiheit
US-Präsident Biden hat in Warschau vor Tausenden jubelnden Menschen der Ukraine Solidarität zugesichert. Es war ein Auftritt mit großer Dringlichkeit, der auch Kritiker zu Hause überzeugen sollte.
Die Kulisse war beeindruckend. Trotz Wind und Nieselregen kamen Tausende Menschen ans Königsschloss, um den US-Präsidenten zu feiern. Eine Lichtshow erleuchtete den Abendhimmel von Warschau. Und aus Lautsprechern tönte laute Musik. Dazu wurden polnische, ukrainische und US-amerikanische Fähnchen geschwenkt. Die Besucher hatten sich zuvor registrieren müssen und standen stundenlang im trüben Wetter, um die etwa 20-minütige Rede des Präsidenten zu hören.
Und der dankte es ihnen: "Thank you, Poland! God bless you!", rief Joe Biden und meinte das sehr ernst. Dass Polen über 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat und den Alliierten als Drehscheibe für Waffen und zivile Güter in Richtung Ukraine dient, wird in den USA sehr wohl wahrgenommen.
Bereits am Mittag hatte der Präsident zugesagt, dass die USA dabei helfen wollen, in Polen neue Atomkraftwerke zu bauen, um die Energiesicherheit zu erhöhen. Außerdem wollen die USA eine Kommandozentrale ihrer europäischen Streitkräfte dauerhaft nach Polen verlegen.
"Dieser Krieg ist keine Notwendigkeit"
Auf ein Fernduell mit dem russischen Präsidenten ließ sich Biden in seiner Rede nicht ein. Putin hatte wenige Stunden zuvor - erneut - dem Westen die Schuld an dem Krieg in der Ukraine gegeben. Außerdem kündigte er an, Russland wolle die Verhandlung zum Atom-Abkommen "New Start" ruhen lassen.
Biden ging nicht darauf ein, wandte sich aber direkt an die russische Bevölkerung. Nein, der Westen sei nicht der Feind. Es habe niemand vor, Russland anzugreifen, und dieser Krieg sei auch keine Notwendigkeit gewesen, sagte er. Allein der russische Präsident habe diesen Krieg zu verantworten und könne ihn auch beenden. Denn wenn der Westen seine Unterstützung der Ukraine zurückziehe, würde sie von der Landkarte verschwinden.
Der Westen werde nicht nachlassen
Bidens wichtigste Botschaft an die Welt aber war: Putins Rechnung ist nicht aufgegangen. Nach dem Einmarsch in die Ukraine habe sich der Westen nicht ergeben, die NATO sei stärker als zuvor. Nicht die Demokratie, sondern der Autokrat sei schwächer geworden.
Der Westen werde nicht nachlassen, die NATO werde nicht schwächeln, so Biden weiter. Wer immer es wage, einen NATO-Staat anzugreifen, würde die NATO als Ganzes treffen. Und die USA würden helfen, jeden Zentimeter ihres Territoriums zu verteidigen. Das sei ein heiliger Eid, sagte Biden, der bekennende Katholik, der auch gerne von seiner Begegnung mit dem polnischen Papst Johannes Paul II. erzählt.
Duda: Biden-Besuch in Kiew war spektakulär
Richtig beeindruckt hat Biden seine polnischen Gastgeber allerdings offenbar durch seinen geheimen Überraschungstrip nach Kiew. Das sei spektakulär gewesen, meinte der polnische Präsident Andrzej Duda. Das habe die Moral der Ukrainer und ihrer Unterstützer gestärkt.
Bidens Besuch zeige, wie sehr sich die USA verantwortlich für die Sicherheit in Europa fühlten. Das Land sei in der Lage, die globale Weltordnung aufrechtzuerhalten, sagte Duda - möglicherweise als Spitze gegen die europäischen Kollegen.
Zustimmung in den USA bröckelt
Biden legt nicht ohne Grund eine solche Dringlichkeit in seine Reden und seine Auftritte. Kurz vor dem Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine lässt in den USA die Unterstützung nach, wie Meinungsumfragen zeigen. Weniger als die Hälfte der Amerikanerinnen und Amerikaner sind noch der Meinung, dass die USA die Ukraine weiter unterstützen sollten.
Und auch die politische Welt ist gespalten. Am rechten Rand der Republikaner wird gefordert, das Geld lieber zu Hause einzusetzen und den Konflikt den Europäern zu überlassen. Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die fordern, jetzt noch mehr und weitreichendere Waffen in die Ukraine zu schicken, damit der Krieg schnell beendet werden kann.