Auf dem Weg zur EU-Asylreform "Jetzt sehr nah an einer Einigung"
Auf dem Weg zu einer europäischen Asylreform hat Innenministerin Faeser dem ausgehandelten Krisenmechanismus zugestimmt - und Nachforderungen gestellt. Spanien zeigt sich positiv überrascht, Italien meldet Vorbehalte an.
Am Ende war Bundesinnenministerin Nancy Faser sichtbar erleichtert. Für viele ihrer Ressortkollegen war nur schwer nachvollziehbar, dass Deutschland, das in der Flüchtlingsfrage immer wieder auf eine europäische Lösung drängte, nun auf der Zielgeraden die lange überfällige Reform verschleppte: "Ich habe für die Bundesregierung Zustimmung signalisiert, weil der Abschluss der Gesetzgebung des gemeinsamen europäischen Asylsystems für uns enorm wichtig ist", so die SPD-Politikerin.
In letzter Minute hatte Bundeskanzler Olaf Scholz diese Linie vorgegeben und damit auch die spanische Ratspräsidentschaft überrascht. Die hatte aus Sorge, nicht genug Unterstützung für den Krisenmechanismus zu bekommen, keine Abstimmung auf die Tagesordnung gesetzt.
Das werde nun sehr schnell im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten nachgeholt, verspricht Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska: "Wir sind jetzt sehr nah an einer Einigung, die es demnächst auch formal geben wird. Die Anstrengungen aller Mitgliedsländer in den vergangenen Tagen waren enorm wichtig und lassen uns optimistisch sein, dass demnächst auch zwischen Rat, Parlament und Kommission die Verhandlungen beginnen, damit alle Maßnahmen verabschiedet werden, die den Migrationspakt ausmachen."
Gesichtswahrende Lösung für Deutschland
Für Deutschland gab es am Ende eine gesichtswahrende Lösung, bei der die Bundesregierung einige leicht erfüllbare Nachforderungen stellen konnte: "Die Verfahren von Kindern und deren Familien an den Außengrenzen sollen priorisiert behandelt werden", sagte Faeser.
Es müsse auch in Krisensituationen eine lückenlose Registrierung aller Personen sichergestellt werden, so die Bundesinnenministerin. Man habe erreichen können, dass die Kriterien nochmal enger definiert werden. "Das heißt, wenn ein Mitgliedsstaat sagt, er befindet sich in einer solchen Krise, muss er jetzt darlegen, was er eigentlich selbst schon getan hat, damit die Krise beendet werden kann." Das sei ein Schutz davor, dass sich einzelne Mitgliedsstaaten vorschnell aus ihrer Verantwortung ziehen.
Streit um Finanzierung privater Seenotrettung
Möglicherweise war dies der Grund, dass Italiens Innenminister glaubt, dass man den Deutschen zu weit entgegenkommen sei und Vorbehalte gegen den Kompromiss anmeldete. Dahinter steht aber sehr wahrscheinlich der schon länger schwelende Streit wegen Berlins Finanzierung von privaten Seenotrettungsorganisationen im Mittelmeer. Aber auch bei dem Thema habe es Fortschritte gegeben, sagt EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Es gebe keine großen Hindernisse mehr. Und die große Mehrheit sei dafür, den Krisenmechanismus nun anzunehmen, was in wenigen Tagen auch geschehen werde.
Und selbst ein Nein Italiens könnte dies nicht verhindern. Eines der durch Migration am stärksten belasteten EU-Länder einfach zu überstimmen wäre allerdings genauso riskant wie der Verdacht, dass die Politik beim Thema Migration nicht handlungsfähig ist.