Finanzierung der EU-Verteidigung Von der Leyen will an der Schuldenschraube drehen
Die EU will mehr für Verteidigung ausgeben, doch wie soll das finanziert werden? Beim Sondergipfel sind gemeinsame Schulden offenbar vom Tisch. Dafür will die Kommissionschefin bei individuellen Schulden ein Auge zudrücken.
Der Egmont Palast in der Brüsseler Innenstadt ist ein gewaltiges Gebäude aus dem 16. Jahundert. Hier wurden auch schon Fechtwettbewerbe ausgetragen - kein schlechter Ort also, um über den Umgang mit schwierigen Gegnern zu beraten.
Für einen Tag hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hinter diese dicken Mauern zurückgezogen. Es ging um Donald Trump, Wladimir Putin und die Sicherheit Europas. Am Ende erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz: "Ich plädiere dafür, dass alle Staaten Europas jetzt zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben."
Zwei Prozent: Das ist schon der Status Quo, der Durchschnitt der EU-Staaten liegt bei 1,9 Prozent. Weit entfernt ist diese Zahl aber von dem, was die NATO fordert. Und meilenweit von den Vorstellungen des US-Präsidenten Trump, der von fünf Prozent träumt.
Wohl keine gemeinsamen Schulden
Dabei gibt es für bessere Verteidigung der EU ein Preisschild: Der sogenannte Draghi-Report spricht von 500 Milliarden Euro, die die Staaten aufbringen müssten - für bessere Luftabwehr, Waffen, Raketen, Cyberabwehr. Woher das Geld kommen soll, ist ein weiterer heikler Punkt, über den die europäischen Staats- und Regierungschefs beraten haben. Dafür sollen nach wie vor die EU-Staaten zuständig sein, gemeinsame Schulden sind offenbar vom Tisch.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will aber bei den Schuldenregeln ein Auge zudrücken: "Ich werde die volle Flexibilität des Stabilitätspakts nutzen, um signifikante Verteidigungsausgaben möglich zu machen", sagte sie in Brüssel. Außerdem soll die Europäische Investitionsbank (EIB) mehr Kredite für Rüstungsprojekte vergeben, ebenso private Banken.
Zahme Töne gegenüber den USA
Die europäische Staaten müssen mehr für ihre Sicherheit ausgeben: Fast täglich hört man in Brüssel diese Forderung. Verteidigungsexperten warnen vor der Bedrohung durch Russland, vor Cyberangriffen, vor mangelndem Schutz durch die USA. Doch von all dem war bei der Verteidigungsklausur wenig zu hören.
Den neuen US-Präsidenten fassten die Europäer mit Samthandschuhen an: "Die USA sind unser Freund, unser Verbündeter und unser Partner", so der Sprecher der EU-Staaten, Antonio Costa. Zu der Drohung, dass die USA Grönland übernehmen wollen und damit einen NATO-Partner - nämlich Dänemark - bedrohen, sagte NATO-Chef Marc Rutte, der ebenfalls eingeladen war: "Wir können damit umgehen." Zwischen den Verbündeten gehe es niemals glücklich und friedlich zu.
Vielleicht wollte man den US-Präsidenten nicht reizen. Immerhin droht auch der EU der Zollhammer aus Washington. Darauf sei man vorbereitet, so EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen knapp.
Großbritannien mit im Boot
Was bleibt also von der ersten europäischen Verteidigungsklausur und vom Perspektivwechsel - raus aus dem Konferenzraum, rein in den opulenten Palast Egmont? Jedes Meeting lebt von seinen Teilnehmern: Vielleicht war der größte Erfolg dieses Treffens, dass die Briten wieder mit am Tisch saßen.
Zwar nur mit einer Gästekarte, aber mit dem größten Verteidigungskoffer, wie der NATO-Chef betonte: "Sie sind weltweit führend in der virtuellen Welt und bei Innovationen und sie liefern einen wertvollen Beitrag zu unserer nuklearen Abschreckung." Bald will Großbritannien 2,5 Prozent seiner Wirtschaftskraft in die Verteidigung stecken.