Nahe der Krim-Brücke Ukraine bestätigt Angriff auf Tanker
Ukrainische Sicherheitskreise haben einen Angriff auf den russischen Tanker "SIG" bestätigt. Demnach wurde das Schiff per Drohne nahe der Krim-Brücke attackiert. Russischen Angaben zufolge entstanden keine größeren Schäden.
Für den nächtlichen Angriff auf einen russischen Tanker nahe der Krim-Brücke über die Straße von Kertsch ist eigenen Angaben zufolge die Ukraine verantwortlich. Ein Sprecher des ukrainischen Sicherheitsdienstes bestätigte der Nachrichtenagentur AP, dass der Tanker "SiG" Ziel eines Drohnenangriffs gewesen sei.
Demnach soll für die Attacke am späten Freitagabend eine Seedrohne eingesetzt worden sein, die mit 450 Kilogramm Sprengstoff ausgerüstet gewesen sei, zitierte die Nachrichtenagentur die namentlich nicht genannte Quelle weiter. Der Leiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes, Wassyl Maljuk, bekannte sich nicht klar zu dem Angriff. Er betonte aber, dass "solche Spezialoperationen in den territorialen Gewässern der Ukraine vorgenommen und absolut legal" seien. Zudem bezeichnete er Angriffe dieser Art als einen "absolut logischen und effektiven Schritt mit Blick auf den Feind".
Hatte Tanker Treibstoff geladen?
Angaben des ukrainischen Geheimdienstes zufolge hatte der Tanker Treibstoff für das russische Militär geladen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
Von russischer Seite gibt es verschiedene Angaben, was das Schiff transportiert hatte. Laut dem Seenotrettungsdienstes des russischen Stützpunkts Noworossijsk befand sich nur technischer Ballast an Bord. Von Wladimir Rogow, dem vom Kreml eingesetzten Verwalter in der teilweise besetzten ukrainischen Region Saporischschja, hieß es hingegen, der Tanker habe sich auf dem Rückweg aus Syrien befunden. Er habe die dortigen russischen Truppen mit Treibstoff versorgt.
Die USA hatten schon 2019 Sanktionen gegen die "SiG" und deren Eignerfirma Transpetrochart aus St. Petersburg verhängt, weil sie Flugzeutreibstoff nach Syrien geliefert haben soll.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Laut Russland wurden keine schweren Schäden verursacht
Zuerst hatte die russische Behörde für Meer- und Flusstransport den Angriff auf den Tanker bei Telegram bekanntgegeben. Zuvor hatten mehrere Medien über Explosionen nahe der Krim-Brücke berichtet.
Laut der Behörde wurde durch die Attacke im Bereich des Maschinenraums und auf Höhe der Wasserlinie ein Loch in die Wand des Schiffes gerissen. Der Tanker schwimme aber noch, das eingedrungene Wasser werde abgepumpt. Vorsorglich sei eine Ölsperre um das Schiff errichtet worden.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Mehrere Besatzungsmitglieder verletzt
Durch den Angriff seien mehrere Besatzungsmitglieder des Tankers durch Glasscherben verletzt worden, teilte Kreml-Verwalter Rogow mit.
Der Verkehr über die Krim-Brücke habe für mehrere Stunden eingestellt werden müssen, laufe inzwischen aber wieder. Im Internet wurde ein mutmaßlich russischer Funkspruch an die Schiffe in der Kertsch-Meerenge veröffentlicht. Darin werden alle Schiffe zu erhöhter Achtsamkeit im Zusammenhang mit einem Angriff durch Luft- und Seedrohnen aufgerufen.
Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, drohte der Ukraine mit Vergeltung für den Angriff. In einer über Telegram veröffentlichten Nachricht schrieb er: "Anscheinend waren die Angriffe auf Odessa, Ismajil und andere Orte nicht genug für sie." Die ukrainische Hafenstadt Odessa war mehrfach Ziel russischer Angriffe geworden, nachdem der Kreml das Abkommen zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer aufgekündigt hatte. Die Stadt Ismajil an der Grenze zu Rumänien war zuletzt durch russische Drohnen attackiert worden.
Verteidigungsministerium in Kiew warnte mehrfach
Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte bereits in der Vergangenheit davor gewarnt, dass ab dem 21. Juli 2023 alle Schiffe, die Schwarzmeerhäfen der Russischen Föderation sowie ukrainische Häfen, die vorübergehend von Russland besetzt sind, anlaufen, von der Ukraine als militärische Ziele betrachtet werden.
Erst am Freitag hatte die Ukraine nach eigenen Angaben einen Drohnenangriff auf den Stützpunkt Noworossijsk im Süden Russlands ausgeführt. Dabei wurde laut der Ukraine das russische Marineschiff "Olenegorski Gornjak" schwer beschädigt. Von russischer Seite hieß es hingegen, der Angriff sei abgewehrt worden. Nun erklärte die ukrainische Schifffahrtsbehörde sechs Häfen an der russischen Schwarzmeerküste zum "Kriegsrisikogebiet". Dazu zählen demnach die Häfen von Taman nahe der Krim-Brücke, Anapa, Noworossijsk, Gelendschik und Tuapse bis hin nach Sotschi im Osten kurz vor der georgischen Grenze.
Die Ukraine hat bereits mehrfach russische Marineschiffe und auch die Brücke zur von Russland annektierten Halbinsel Krim im Schwarzen Meer angegriffen. Das Land verteidigt sich seit mehr als 17 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.