Experten erarbeiten Bergungsplan Offenbar fast 500 E-Autos auf brennendem Frachter
Laut niederländischen Medien sind auf der "Fremantle Highway" fast 500 E-Autos - weit mehr als bislang angenommen. Was das für die Löscharbeiten auf dem Frachter bedeutet, ist unklar. Nun waren erstmals Bergungsexperten an Bord.
Auf dem seit rund drei Tagen in der Nordsee brennenden Frachter "Fremantle Highway" sind offenbar fast 500 Elektroautos und damit deutlich mehr als ursprünglich angenommen. Insgesamt seien auf dem Schiff 3783 Neuwagen, wie niederländische Medien berichten. Darunter seien 498 Elektro-Autos. Zuvor hatte es geheißen, es seien 2857 Autos an Bord, darunter 25 E-Autos.
Unklar ist, was das für die Entwicklung des Feuers bedeutet. Die Batterien von E-Autos sind schwieriger zu löschen. Bereits gestern wurde in einem Medienbericht die Zahl der insgesamt geladenen Autos nach oben korrigiert.
Bergungsexperten erstmals auf Schiff
Wie die Küstenwache mitteilte, betraten zudem erstmals seit Ausbruch des Großbrandes Bergungsexperten das Schiff. Den Spezialisten sei es gelungen, den Frachter mit einem Schlepper gut zu verbinden. Es ist noch nicht bekannt, wohin das brennende Schiff geschleppt werden soll. Die Spezialisten seien wieder von Bord gegangen.
Das Schiff brennt noch, aber Feuer und Rauch nehmen ab, wie die Küstenwache weiter mitteilte. Messungen hätten zuvor ergeben, dass die Temperatur stark gesunken war.
Am Donnerstag war das brennende Schiff leicht nach Westen bis auf die Höhe von Terschelling abgedriftet. Dort liegt es jetzt rund 23 Kilometer im Norden der Insel. Der Frachter war bereits zuvor fester an einen Schlepper gekoppelt, der seine Position stabilisierte. Dadurch wurde der Schiffsverkehr nicht gefährdet.
Bürgermeister: "Wir sind noch immer besorgt"
"Sie bekommen mehr und mehr Kontrolle über das Schiff", sagte der Bürgermeister von Ameland, Leo Pieter Stoel, im Interview mit der ARD. Dass eine zweite Schlepplinie ausgebracht werden konnte, sei beruhigend. Aber: "Wir sind noch immer besorgt, was geschehen könnte."
Jetzt sei das Schiff stabil, so Stoel. Und so lange es treibe, mache man sich keine Sorgen. "Aber wenn es sinken würde oder bricht, dann haben wir doch große Sorgen darüber, was aus dem Schiff herauskommen könnte."
Biologe: Autos sind "Cocktails von Schadstoffen"
Die Gefahr einer Umweltkatastrophe vor allem für das besonders geschützte Wattenmeer, wenn der Frachter sinkt, kentert oder auseinanderbricht, besteht nach wie vor. Laut dem Bundesumweltministerium in Berlin befinden sich an Bord der "Fremantle Highway" 1600 Tonnen Schweröl sowie weitere 200 Tonnen Marinediesel.
"Wenn das Worst-Case-Szenario eintritt, dass wir eine Ölbedeckung auf den Wattgebieten haben, dann sind sie ökologisch tot", erklärte Biologe Peter Südbeck im tagesschau-Interview. Für die dort lebenden Tiere könnte das Öl zur Vergiftung und damit zum Tod führen. Auch Zugvögel könnten ihren Rastplatz verlieren.
Das Schweröl sei jedoch nicht das einzige Problem, sondern auch die fast 4.000 Autos an Bord, so Südbeck. In diesen sei ein "Cocktail von Schadstoffen" verarbeitet, die Komponenten kenne man im Einzelfall nicht. Daher wisse man bei vielen Stoffen "die Konsequenzen und Wirkungen noch gar nicht, wenn sie in die Umwelt gelangen".
Unklar, wie lange Frachter stabil bleibt
Die Vorhersagen für Wind und Strömung sind nach Informationen des zuständigen Ministeriums günstig. Sollte Treibstoff aus dem Schiff strömen, würde er Richtung Norden in die offene See fließen. Aus Sicherheitsgründen wartet dennoch bereits ein Spezialschiff zur Bergung von Öl in der Nähe des Frachters.
Die Küstenwache machte keine Angaben dazu, wie lange das Schiff dem Feuer und der Hitze standhalten kann. Die Seitenwände kühle man nicht mehr, da zu viel Meerwasser ins Schiff gelangt sei. Dadurch könne der Frachter instabil werden und möglicherweise kentern, sagte die Sprecherin.
Brandbekämpfung auf Schiffen erschwert
Die Bekämpfung von Bränden auf Schiffen sei besonders schwierig, sagte der Leiter der Spezialeinsatzgruppe Schiffssicherung der Hamburger Feuerwehr, Dirk Flocke, der Nachrichtenagentur dpa. Man habe es immer mit Metallen zu tun, die eine hohe Wärmeleitfähigkeit haben, heiße Luft und Rauchgase könnten kaum abziehen, die Gänge seien eng und in Schiffen gebe es gefährliche Stoffe.
Hinzu komme die Ladung. Das Löschen eines Autotransporters sei besonders problematisch. Die Decks seien dicht an dicht mit Fahrzeugen vollgestellt. Da könne man mit einem Schlauch nicht zum Brandherd vordringen. Nach Ansicht des Experten ist es nicht von Bedeutung, ob Elektroautos beteiligt sind.
Seit Mittwoch keine Menschen mehr an Bord
Das Frachtschiff war unter der Flagge von Panama auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur, als in der Nacht zum Mittwoch das Feuer ausbrach. Zu dem Zeitpunkt befand sich das Schiff rund 30 Kilometer im Norden der Wattenmeerinsel Ameland. Die Ursache ist noch unklar. Vermutet wird, dass die Batterie eines elektrischen Autos in Brand geriet.
Menschen befinden sich an Bord der "Fremantle Highway" keine mehr - die Besatzung war am Mittwoch evakuiert worden. Dabei kam ein Mensch ums Leben. Die übrigen 22 Mitglieder der Crew wurden leicht verletzt.
Mit Informationen von Helga Schmidt, WDR, zzt. an der Küste vor Ameland