Kommunalwahl in Großbritannien Erster Stimmungstest für Sunak
In vielen britischen Kommunen werden heute neue Regionalparlamente gewählt. Für Premier Sunak sind die Ergebnisse der Tory-Partei ein erstes Zeugnis. Die Noten könnten schlecht ausfallen.
Hugh Padfield ist Unternehmer. Der Landwirt betreibt eine Käserei in der Nähe von Bath, westlich von London. 50 Personen arbeiten hier. Hugh hat an diesem Tag besonderen Besuch. Ed Davey ist gekommen, der Vorsitzende der Liberaldemokraten. Er will sich den Betrieb anschauen, lernen, was wichtig ist für Bauern und Unternehmer - und wie Käse gemacht wird.
Hugh führt den Politiker durch die Käserei, vorbei an Bottichen und durch Lagerhallen, wo die runden Käse reifen: Es gibt weichen Käse, und anderen, der krümeliger ist, mit Trüffeln verfeinert oder mit Cider eingerieben.
Fachkräftemangel, hohe Energiekosten
Ed Davey hört zu, lässt sich alles erklären, staunt. Es werden auch Bilder gemacht vom Vorsitzenden der Liberaldemokraten, der sich für Unternehmer interessiert, für Landwirte. Es ist Wahlkampf. "Egal mit wem Sie sprechen - Landwirte, andere Unternehmer - die sind unzufrieden mit der Regierung. Aus unterschiedlichen Gründen. Einige bekommen nach dem Brexit keine Mitarbeiter mehr, die Energiepreise steigen", sagt Davey. Die Preise für Energie seien auch in anderen Ländern gestiegen, aber die britische Regierung habe besonders schlecht darauf reagiert, meint der Unternehmer.
Es geht um Subventionen und die Agrarpolitik. Nach dem Austritt aus der EU müssen Fördergelder neu zugeordnet werden. Pachten steigen, Bauern befürchten, dass das Land unbezahlbar wird.
Der Chef der Liberaldemokraten, Ed Davey, auf Wahlkampf-Tour in Bath. Die Opposition hat in Umfragen die Nase vorn.
Gute Chancen für die Opposition
Viel versprechen können die Liberaldemokraten nicht - aber sie wollen ein Zeichen setzen in diesem Wahlkampf für Innovation, für den ländlichen Raum, für Unternehmer. Die Aussichten für die Opposition sind gar nicht so schlecht in diesem ersten Stimmungstest für Premierminister Rishi Sunak.
Heute werden in England und Nordirland mehr als 8000 Kommunalmandate neu bestimmt. In den Umfragen liegen die Konservativen bei 30 Prozent, Labour bei 44 Prozent und die Liberaldemokraten bei zehn Prozent.
Die Konservativen leiden immer noch unter dem Hin und Her an der Parteispitze: Boris Johnsons Rücktritt wegen der Partygate-Affäre, danach war Liz Truss für wenige Tage im Amt. Mit einer katastrophalen Finanzpolitik schickte sie die Märkte auf Talfahrt, die Immobilienzinsen sind seitdem drastisch gestiegen. Dann kam Rishi Sunak.
Es geht um Sunaks politische Zukunft
Die Rechnung zahlen die Hausbesitzer, sagte Labour-Chef Keir Starmer im Unterhaus: "Ende des Jahres werden zwei Millionen Hausbesitzer für den ökonomischen Vandalismus der Tories bezahlen". Es geht um die höheren Lebenshaltungskosten in diesem Wahlkampf und steigende Gemeindesteuern. Es geht um das zusammengebrochene Gesundheitswesen und privatisierte Versorger, die Abwasser ungefiltert in Flüsse und ins Meer leiten.
Für Sunak geht es ums politische Überleben. Er hat die Partei stabilisiert, die extreme Rechte der Konservativen halbwegs eingefangen. Endlich konnte mit der Europäischen Union ein Abkommen zum Handel mit Nordirland unter Dach und Fach gebracht werden. Aber es bleiben die hohen Lebenshaltungskosten, die sozialen Aspekte. Beim Schlagabtausch im Unterhaus wirft Sunak dem Labour-Chef deshalb vor: Die Tories lieferten. In London habe der ehemalige konservative Bürgermeister 60.000 Sozialwohnungen gebaut. Doch Labour habe bislang nur die Hälfte erreicht, so der Premier.
Stimmungstest für Unterhauswahlen 2024
Ob diese Beispiele reichen, um die Wählerinnen und Wähler für die Tories zu begeistern, ist eher fraglich. Bessere Aussichten bei den Lebenshaltungskosten gibt es nicht, die Probleme im Gesundheitsdienst NHS wirken erdrückend.
Nach diesen Kommunalwahlen dürfte die Frage eher sein: Wird Labour nach den nächsten Unterhauswahlen - wahrscheinlich Ende 2024 - weiterhin allein regieren können oder braucht die Partei einen Koalitionspartner? Zum Beispiel die Liberaldemokraten.