Energiepartnerschaft mit Algerien Bürokratie und andere Hindernisse
Deutschland und Algerien wollen im Energiebereich enger zusammenarbeiten. Der Besuch von Bundeswirtschaftsminister Habeck machte deutlich: Der Wille ist da - aber reicht das?
Es dürfte kein Zufall, dass der Wirtschaftsdelegation aus Deutschland die gigantische, neu gebaute Moschee mitten in der algerischen Hauptstadt Algier gezeigt wird. Ein deutsches Architektenbüro hat schließlich den Neubau entworfen.
Der riesige Neubau strahlt Selbstbewusstsein aus und ist hochmodern. Solarzellen auf dem Dach sorgen für Energie, ebenso gewonnenes Regenwasser. Die Botschaft der Organisatoren: Genau wie Deutschland setzt auch Algerien auf erneuerbare Energien.
Erneuerbare Energien im Vordergrund
Die Wirtschaftsdelegation, die Robert Habeck begleitet, kommt fast ausschließlich aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Die Bundesregierung hat großes Interesse daran, in diesem Feld enger mit Algerien zusammenzuarbeiten.
Fast schon ungläubig erzählt Robert Habeck davon, wie groß das Potenzial Algeriens ist, die Energieformen der Zukunft herzustellen. Vor allem Energie durch Sonne und Wasserstoff könnte in dem sonnenreichen Land in gigantischen Mengen hergestellt werden. Einzig: Es passiert bisher nicht.
Algerien als Partner?
Da Deutschland aber künftig gigantische Mengen Wasserstoff benötigt, braucht es Partner. Mehr noch: Deutschland ist drauf angewiesen. Algerien soll so ein Partner werden. Das nordafrikanische Land biete eine "einzigartige Chance", sagt Marie-Luise Wolff.
Sie ist die Chefin eines Energieversorgers und dazu Präsidentin des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft. Sie dürfte wissen, wie ihre Berufskollegen so ticken. Dutzende deutsche Unternehmen sind bereits in Algerien tätig.
Sie seien gerne hier, erzählen sie. Aber es sei - höflich ausgedrückt - nicht immer einfach.
Überbordende Bürokratie als Hindernis
Ortswechsel. Zu Besuch beim deutsch-algerischen Unternehmen Siemens Estrel. Fachgebiet: digitale Systeme für den Bahnverkehr. Seit fast 20 Jahren in Nordafrika präsent und das mittlerweile mit Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich.
Eine Erfolgsgeschichte also - allerdings nicht frei von Schwierigkeiten. Die mitgereisten Unternehmer aus Deutschland hören aufmerksam zu, als über die selbst aus deutscher Sicht überbordende Bürokratie gesprochen wird, über die intransparente algerische Verwaltung, in der Banküberweisungen nach Deutschland gerne auch mal mehr als ein Jahr dauern.
Habeck hat auch darüber mit dem Industrieminister Algeriens gesprochen. Dieser gelobte Besserung.
Deutsche Haltung im Nahost-Konflikt ein Thema
Und auch die geopolitische Lage drängt bei der Habeck-Reise auf die Agenda. Konkret: der Krieg im Nahen Osten. Algerien fühlt sich als Teil der arabischen Welt, die Bevölkerung ist weit überwiegend muslimisch.
Diese Tatsache in Kombination mit der eigenen leidvollen Kolonialgeschichte lässt das Land eng an der Seite der Palästinenser stehen. Das beobachtet auch der Nahost-Experte Daniel Gerlach. Seine Prognose: Die starke deutsche Solidarität mit Israel dürfte bei Habecks Gesprächen in Algerien Dauerthema sein.
Und so kam es auch. Im Gespräch mit dem Ministerpräsidenten sei es fast ausschließlich darum gegangen, erzählt Habeck anschließend. Beide Männer hätten Verständnis für die Position des jeweils anderen gehabt, führt er aus. Beide sehen eine Zwei-Staaten-Lösung als einzigen Ausweg.
Moralischer Zeigefinger nicht gern gesehen
In Algerien spielt der Staat eine große Rolle. Und so ist Roberts Habecks Präsenz allein deswegen wichtig. Ohne "politische Flankierung" sind Deals mit privaten Unternehmen aus algerischer Sicht kaum vorstellbar.
Und westliche Länder haben noch ein zusätzliches Problem. Sollten sie zu stark den moralischen Zeigefinger heben, ist ihnen die kalte Schulter der Algerier fast sicher. Die algerische Regierung will als gleichberechtigter Partner wahrgenommen werden. Frei nach dem Motto: Was haben wir von einem Geschäft mit euch?
Diese Frage dürfte gestellt worden sein. Auch Nahost-Experte Gerlach ist sich sicher, dass Deutschland etwas anbieten müsse. Die Hälfte der algerischen Bevölkerung ist jünger als 30 Jahre alt. Arbeitsvisa für Deutschland oder die Ausbildung junger Algerier durch deutsche Unternehmen könnte etwas sein, was Algerien lockt.
Denn Deutschland ist bei weitem nicht das einzige Land, das den nordafrikanischen Staat gerade lockt. Italien ist umtriebig, ist zu hören, China sowieso.
Und so passt es ganz gut, dass deutsche Architekten die große neue Moschee zwar geplant haben. Gebaut worden wäre sie ohne die Hilfe chinesischer Firmen wahrscheinlich bis heute nicht.