Internationaler Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Ex-Verteidigungsminister Schoigu
Gegen Russlands Ex-Verteidigungsminister Schoigu und Armeechef Gerassimow sind vom Internationalen Strafgerichtshof Haftbefehle erlassen worden - wegen Verdachts auf Kriegsverbrechen. Moskau bezeichnete die Entscheidung als "heiße Luft".
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Haag hat Haftbefehle gegen den früheren russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Armeechef Waleri Gerassimow erlassen. Dabei geht es um mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Ukraine-Krieg, teilte der Gerichtshof mit. Den beiden Beschuldigten werden vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte und "unmenschliche Handlungen" in der Ukraine zur Last gelegt.
Nach Einschätzung der zuständigen Kammer gibt es "hinreichende Gründe" anzunehmen, dass Schoigu und Gerassimow unter anderem verantwortlich für Raketenangriffe der russischen Streitkräfte auf die ukrainische Stromversorgung seien. Deren Folgen seien für die Zivilbevölkerung unverhältnismäßig gewesen. Die beiden Verdächtigen hätten vorsätzlich großes Leid oder Verletzungen der geistigen oder körperlichen Gesundheit von Menschen in der Ukraine verursacht.
Russland: Entscheidung ist "heiße Luft"
Die Ukraine begrüßte die Haftbefehle als wichtige Entscheidung, um Russland zur Verantwortung zu ziehen. "Schoigu und Gerassimow tragen individuelle Verantwortung", schrieb der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, auf Telegram. "Jeder wird für das Böse zur Rechenschaft gezogen."
Russland wies die Vorwürfe wiederum als ungeheuerlich zurück. Der russische Sicherheitsrat erklärte, der Haftbefehl gegen Schoigu sei Teil eines hybriden Krieges gegen Moskau, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Die Entscheidung des Gerichts sei allerdings nicht als "heiße Luft" und für Russland ohne Bedeutung. Die Regierung in Moskau bestreitet, Zivilisten oder zivile Infrastrukturen angegriffen zu haben.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Strafgerichtshof kann Haftbefehle nicht vollstrecken
Schoigu war im Mai vom russischen Präsidenten Wladimir Putin als Verteidigungsminister entlassen worden. Heute bekleidet er den wichtigen Posten des Sekretärs des nationalen Sicherheitsrates.
Der IStGH mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Er hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 Ermittlungen aufgenommen.
Im März 2023 hatte der IStGH wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine bereits einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Dieser wird beschuldigt, verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder und der erzwungenen Überführung von Ukrainern in die Russische Föderation zu sein.
Der Strafgerichtshof, in dem weder Russland noch die Ukraine Mitglieder sind, hat selbst keine Möglichkeiten, Haftbefehle zu vollstrecken. Alle Vertragsstaaten des Gerichts sind jedoch verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen und dem Gericht zu überstellen, sollten sie sich auf ihrem Staatsgebiet befinden.