Krieg in der Ukraine Kontrollzentrum für Getreideexporte eröffnet
Um die Getreideexporte aus Russland und der Ukraine zu überwachen, hat in Istanbul ein Kontrollzentrum die Arbeit aufgenommen. Doch noch bevor das erste Schiff abgelegt hat, droht Moskau bereits mit dem Ende des Exportabkommens.
Das von Russland und der Ukraine vereinbarte Kontrollzentrum zur Überwachung von ukrainischen Getreideexporten ist in Istanbul offiziell eröffnet worden. Das Zentrum werde einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Nahrungsmittelkrise leisten, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bei der Eröffnungszeremonie. Derzeit liefen Vorbereitungen, damit das erste mit Getreide beladene Schiff die Ukraine über das Schwarze Meer verlassen könne.
Überwachung bei Einfahrt ins Schwarze Meer
Schiffe sollen bei der Durchfahrt durch die Meerenge Bosporus, also bei Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer, kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Ähnliches geladen haben. Das Koordinationszentrum werde die Handelsschiffe registrieren und deren Bewegungen unter anderem über Satelliten verfolgen, sagte Akar.
Das Zentrum ist Teil eines am Freitag in Istanbul unter Vermittlung der UN und der Türkei geschlossenen Abkommens, mit der die Blockade ukrainischer Häfen aufgehoben werden soll. Das Zentrum ist laut Akar schon seit Samstag im Betrieb.
Russland bombardiert Odessa - am Tag des Abkommens
Russland hatte in der Vereinbarung am Freitag zugesichert, Schiffe über einen sicheren Seekorridor fahren zu lassen und diese sowie beteiligte Häfen nicht anzugreifen. Allerdings hatte die russische Armee noch am selben Tag Odessa mit Raketen beschossen. Zunächst hatte Moskau dies dementiert, am Tag danach aber den Beschuss eingeräumt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland daraufhin Vertragsbruch vor.
Häfen nehmen Arbeit auf
Mittlerweile haben die drei für die Getreideausfuhr bestimmten Häfen der Ukraine ihre Arbeit aber wieder aufgenommen. Die Häfen von Odessa, Tschornomorsk und Piwdenny seien wieder in Betrieb, erklärte die ukrainische Marine.
Experten sehen jedoch große logistische Herausforderungen. Die Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschne hätten "in den letzten fünf Jahren noch nie eine so große Menge Getreide umgeschlagen", teilte der internationale Reederverband Bimco mit. Vor allem die Notwendigkeit, die Schiffe in die Häfen zu eskortieren, werde "wahrscheinlich zu einer gewissen Überlastung führen", sagte Bimco-Analyst Niels Rasmussen.
Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. Wegen des Kriegs konnten bislang jedoch mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine nicht exportiert werden.
Russland droht mit Ende des Abkommens
Doch bevor das erste Getreideschiff ablegen konnte, droht Moskau bereits, das Abkommen scheitern zu lassen. Der Export von Getreide aus Russland und der Ukraine müsse gleichzeitig beginnen, forderte der stellvertretende russische Außenminister Andrej Rudenko der Agentur Interfax zufolge. Daher müssten die Hindernisse zum Export russischen Getreides schnell beseitigt werden.
Offenbar sind damit die westlichen Sanktionen gemeint. Russland hat in der Vergangenheit eine Beendigung der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen explizit von einer Lockerung der westlichen Sanktionen gegen sich abhängig gemacht. Zwar richten sich die Sanktionen nicht gegen den Export von Lebensmitteln und Dünger aus Russland, doch sie haben indirekte Auswirkungen.
So klagt Moskau darüber, dass russische Schiffe, die Getreide transportieren, nicht mehr in europäischen Häfen anlegen oder versichert werden können. Auch bei der Finanzierung solcher Transporte gebe es Probleme durch die Beschränkungen im Finanzsektor.