Italiens Küstenwache Mehr als 1400 Menschen vor dem Ertrinken gerettet
Bei mehreren Einsätzen hat Italiens Küstenwache bis zu 1400 Menschen gerettet, die auf überfüllten Booten vor der Küste trieben. In den Wochen zuvor hatten auch private Rettungsschiffe Hunderte Migranten an Land gebracht.
Vor Italiens Mittelmeerküste sind bei mehreren Einsätzen mehr als 1400 Migranten vor dem Ertrinken gerettet worden. Sie waren auf überfüllten Schiffen unterwegs, wie die italienische Küstenwache mitteilte. An Bord eines in Seenot geratenen Segelboots vor der Region Kalabrien befanden sich demnach 47 Menschen, darunter zwei Kinder, die dringend medizinische Hilfe benötigten. Sie wurden am frühen Dienstag von einem Motorboot der Küstenwache gerettet.
Ein weiteres Schiff der Küstenwache nahm etwa 590 Migranten von einem Fischerboot auf und später rund 650 Personen von einem anderen Fischerboot, hieß es in der Erklärung. Ein Motorboot der Küstenwache und ein Schiff der italienischen Grenzpolizei kamen zudem einem vierten Schiff zu Hilfe, das 130 Migranten an Bord hatte.
Einer der gefährlichsten Fluchtrouten
Die Behörden machten keine Angaben zu den Nationalitäten der Passagiere oder den Routen, die die Schiffe genommen haben. Im Allgemeinen legen jedoch viele Boote mit Migranten, die vor dem Ionischen Meer gesichtet wurden, von der türkischen Küste ab. Dort lassen Schmuggler häufig überfüllte und nicht seetüchtige Boote zu Wasser.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Beginn des Jahres bereits rund 1100 Menschen beim Versuch der Überfahrt gestorben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein. Ende Mai hatten Rettungsschiffe wieder vermehrt mit Menschen in italienischen Häfen angelegt, die sie aus Seenot gerettet hatten.
Von der "Geo Barents" seien 606 Männer, Frauen und Kinder im Hafen von Bari an Land gegangen, teilte die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen", die das Rettungsschiff betreibt, mit. Auch die Crew der "Humanity 1" der deutschen Organisation SOS Humanity brachte knapp 90 Flüchtlinge in die Stadt Livorno.
"Sea-Eye 4" wurde festgesetzt
In einigen Fällen hatten italienischen Behörden deutsche Seenotretterschiffe wieder vorübergehend festgesetzt. Die Maßnahmen trafen Anfang Juni die Mannschaften der "Mare*Go" und der "Sea-Eye 4". Die "Mare*Go" hatte nach eigenen Angaben 37 Mittelmeer-Migranten aus Seenot gerettet. Sie landeten auf Lampedusa, obwohl die Behörden dem Schiff den sizilianischen Hafen von Trapani zugewiesen hatte.
Das Schiff "Sea-Eye 4" der gleichnamigen Hilfsorganisation hingegen brachte 49 Menschen nach Ortona, die bei zwei Einsätzen an Bord geholt worden waren. Nach der ersten Rettung hätte die "Sea-Eye 4" umgehend Ortona ansteuern müssen, hieß es von der Küstenwache. Beide Hilfsorganisationen verstießen somit nach Angaben der Küstenwache gegen jenes Gesetz, das die Festsetzung eines Schiffes sowie hohe Geldstrafen vorsieht. Die Regierung in Rom hatte mit diesem Gesetz das Vorgehen gegen private Seenotretter verschärft.
Asylpolitik dürfte Thema bei Treffen mit Scholz sein
In Italien wird wegen der zuletzt hohen Migrationszahlen über die Mittelmeerroute über die Ankunft Tausender Migranten diskutiert. Nach offiziellen Zahlen des Innenministeriums in Rom erreichten seit Beginn des Jahres mehr als 50.000 Menschen Italien auf Booten - im Vorjahreszeitraum waren es etwa 19.600. Die rechtsgerichtete Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni stemmt sich entschieden gegen unkontrollierte Migration über das Mittelmeer und will am liebsten gar keine Schiffe mit Migranten mehr anlegen lassen.
Die europäische Asylpolitik dürfte heute auch Thema sein, wenn Meloni Kanzler Olaf Scholz in Rom empfängt. Parallel zu der Kanzler-Reise versuchen in Luxemburg die Innenminister der Europäischen Union, eine große Reform des europäischen Asylsystems auf den Weg zu bringen. Dabei geht es um einen deutlich rigideren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive und eine Pflicht zur Unterstützung der besonders stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen, zu denen auch Italien gehört.