Überraschende Kabinettsumbildung Ex-Premier Cameron wird britischer Außenminister
Der frühere britische Premier David Cameron wird als neuer Außenminister wieder Teil der Regierung. Er übernimmt das Amt von James Cleverly, der die umstrittene Innenministerin Suella Braverman ersetzt.
Der britische Premierminister Rishi Sunak hat sein Kabinett an wichtigen Stellen neu besetzt. Sunak entließ die bisherige Innenministerin Suella Braverman. Ihr Amt soll der bisherige Außenminister James Cleverly übernehmen. An dessen Stelle tritt ein bekanntes Gesicht in der britischen Politik: David Cameron, der frühere Premierminister.
Der 57-jährige Cameron war von 2010 bis 2016 britischer Regierungschef. Er war zurückgetreten, nachdem sich beim Brexit-Referendum 52 Prozent seiner Landsleute für einen Austritt Großbritanniens aus der EU ausgesprochen hatten. Cameron hatte das Referendum eingeleitet, aber für einen Verbleib in der EU geworben. Im Mitteilungsdienst X (ehemals Twitter) teilte Cameron mit, er habe das Angebot Sunaks gerne angenommen.
Im Zuge der Kabinettsumbildung trat auch Umweltministerin Therese Coffey zurück. Sie halte dies für den richtigen Zeitpunkt, sich aus der Regierung zurückzuziehen, so Coffey. Sie hatte bereits mehrere Kabinettsposten inne und war etwa Gesundheits- und Arbeitsministerin sowie auch stellvertretende Premierministerin unter Sunaks Vorgängerin Liz Truss.
Favoritin für Parteivorsitz nach möglicher Tory-Wahlniederlage
Die Rechtsaußen-Politikerin Braverman hatte immer wieder für Kontroversen gesorgt - zuletzt wegen Kritik am Umgang der Polizei mit pro-palästinensischen Demonstrationen. So hatte sie der Polizei vergangene Woche vorgeworfen, "pro-palästinensische Mobs" zu ignorieren. Sie beschrieb Demonstrationen, bei denen eine Waffenruhe im Gazastreifen gefordert wird, als "Hass-Märsche". Am Wochenende lieferten sich rechte Demonstranten ein Handgemenge mit Polizisten in London. Kritiker warfen Braverman vor, sie habe Spannungen geschürt.
Braverman gilt als aussichtsreiche Kandidatin für die Parteiführung, sollten die Konservativen wie erwartet die im kommenden Jahr anstehende Parlamentswahl verlieren. Die regierenden Konservativen liegen in Umfragen weit hinter der oppositionellen Labour-Partei.
Provozierte Braverman Rauswurf absichtlich?
Spekuliert wurde, dass sie sich mit der Kritik an der Polizei und anderen rechtspopulistischen Äußerungen als Kandidatin des rechten Parteiflügels positionieren und womöglich ihren Rauswurf sogar absichtlich herbeiführen wollte.
"Es war das größte Privileg meines Lebens, als Innenministerin dienen zu dürfen. Ich werde schon bald mehr zu sagen haben", ließ Braverman Berichten zufolge mitteilen. Sie hatte bereits in der Vergangenheit immer wieder mit ihren rechtspopulistischen Vorstößen für Aufsehen gesorgt. So bezeichnete sie es einmal als ihren Traum, ein Flugzeug mit Asylsuchenden in Richtung Ruanda abheben zu sehen.
Die britische Regierung will Schutzsuchende jeglicher Herkunft in Zukunft direkt dorthin abschieben, ohne eine Prüfung ihres Asylantrags - die Menschen sollen stattdessen in dem ostafrikanischen Land Asyl beantragen und dort bleiben. Bislang scheiterte das jedoch am Widerstand von Gerichten.
"Ausdruck der Verzweiflung der Regierung"
Schon kurz nach der Ernennung Camerons gab es Kritik von mehreren Seiten an der Entscheidung. "Vor einigen Wochen hat Rishi Sunak gesagt, dass David Cameron Teil eines gescheiterten Status quo sei", teilte der Labour-Abgeordnete Pat McFadden mit. "Jetzt holt er ihn als sein Rettungsboot zurück."
Damit sei die Aussage Sunaks entkräftet, er sorge für Wandel. Premierminister Sunak hatte im Oktober angekündigt, er werde einen "30-jährigen Status quo" beenden. Er bezog sich damit auch auf konservative Regierungen seiner Amtsvorgänger wie Cameron.
Auch der Politikprofessor Tim Bale von der Queen Mary University of London bezweifelt, dass die Rückkehr Camerons der Regierung wieder Aufschwung verschaffen könnte. Bale sagte, dass Cameron wieder Mitglied der Regierung werde, sei "Ausdruck der Verzweiflung, die diese Regierung umgibt. Es ist schwer vorstellbar, dass dies Wähler beeindrucken wird", unabhängig von deren Standpunkt zum EU-Austritt Großbritanniens, sagte Bale. Befürworter des Brexits empfänden für Cameron Verachtung wegen dessen Werben für einen Verbleib in der EU, die Gegner, weil er das verlorene EU-Referendum abgehalten habe.