Kanarische Inseln El Hierro mit Ankunft Hunderter Migranten überfordert
Die EU debattiert im spanischen Granada über das Thema Migration und hat dabei die italienische Insel Lampedusa im Blick. Doch mittlerweile spitzt sich die Lage auch auf den Kanaren zu. El Hierro verlangt Hilfe von der EU.
Seit Tagen erreichen die Kanarischen Inseln Hunderte Migranten und täglich werden es mehr. Allein am Freitag seien seit Mitternacht insgesamt 518 Migranten geborgen worden, die vor den Küsten des zu Spanien gehörenden Atlantik-Archipels auf sechs Booten unterwegs gewesen seien, teilte der spanische Seerettungsdienst mit.
Vor allem die kleine Insel El Hierro stellt die Zunahme der Migrantenankünfte vor große Probleme. 277 der 518 Menschen seien nahe El Hierro in Sicherheit und dann auf die Insel gebracht worden, hieß es. Damit erhöhte sich die Zahl der Menschen, die seit Dienstag irregulär auf El Hierro ankamen, auf knapp 1.500.
Die Insel hat etwa 11.000 Einwohner und ist einem solchen Zustrom von Migranten nach eigenen Angaben nicht gewachsen. Einige Medien sprechen bereits vom "spanischen Lampedusa".
Das Rote Kreuz versorgt Migranten, die auf der Insel El Hierro angekommen sind.
"Spanisches Lampedusa"
Den amtlichen Angaben zufolge wurden am Freitag insgesamt 484 Männer, acht Frauen und 26 Minderjährige in Sicherheit gebracht. Die überwiegende Mehrheit stamme aus Ländern südlich des Sahara, hieß es.
Es wird vermutet, dass die Zunahme der Ankünfte auf den Kanaren mit der politischen und sozialen Krise im Senegal zusammenhängt. Die Situation sei "unhaltbar", sagte der kanarische Regierungschef Fernando Clavijo dem TV-Sender Antena 3. Der konservative Politiker warf der linken Zentralregierung Tatenlosigkeit vor. "Wir sind fassungslos und perplex über das Schweigen einer spanischen Regierung, der die Ereignisse im Zusammenhang mit der Migration und der Druck, dem alle Kanaren ausgesetzt sind, anscheinend völlig egal sind", sagte er.
Insel fordert Hilfe aus Madrid
Wieso die meisten Migranten-Boote auf der sogenannten kanarischen Route zuletzt vor allem El Hierro ansteuerten, ist nicht bekannt. Inzwischen wurden nach Behördenangaben Hunderte von Migranten auf andere, deutlich größere kanarische Inseln gebracht, etwa nach Teneriffa. Die Inselregierung von El Hierro forderte trotzdem von Madrid und der EU "außergewöhnliche und dringende" Maßnahmen.
"Die Herreños sind zwar ein hilfsbereites und einfühlsames Volk, das aus erster Hand weiß, was Auswanderung bedeutet. Doch sie sind weder flächen-, noch bevölkerungs-, noch ressourcenmäßig darauf vorbereitet, eine so große Zahl von Migranten zu bewältigen", hieß es in einer Mitteilung.
Nach Angaben der spanischen Hilfsorganisation Caminando Fronteras starben in den ersten sechs Monaten des Jahres mindestens 951 Migranten bei dem Versuch, Spanien auf dem Seeweg zu erreichen. Demnach wurden 778 von ihnen nicht im Mittelmeer, sondern auf der Route von Westafrika zu den Kanaren registriert.