Kremlkritiker Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft verurteilt
Der russische Kremlkritiker Kara-Mursa ist in Moskau zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wurde unter anderem Hochverrat vorgeworfen. Die Bundesregierung, die EU und die USA kritisierten das Urteil scharf.
Ein Gericht in Moskau hat den Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa zu 25 Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Kara-Mursa sei des Hochverrats und weiterer Vergehen wie der Verunglimpfung des russischen Militärs und der illegalen Arbeit für eine "unerwünschte" Organisation schuldig, urteilte das Gericht.
Staatliche Medien hatten unter Berufung auf Ermittlerkreise behauptet, der frühere Journalist habe gegen eine Bezahlung von rund 30.000 Euro pro Monat Organisationen aus NATO-Ländern geholfen, Russlands nationale Sicherheit zu unterhöhlen.
Höchster Haftstrafe gegen Regierungskritiker
Das Gericht folgte mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 25 Jahre Haft gefordert hatte. Es ist die bisher höchste Haftstrafe gegen einen Regierungskritiker überhaupt.
Kara-Mursa ist nach Angaben seiner Anwältin Maria Eismont gesundheitlich schwer angeschlagen. Sie sagte zuletzt, dass ihr Mandant in Untersuchungshaft 17 Kilogramm an Gewicht verloren habe. Er sei teilweise zu krank gewesen, um an seinen Anhörungen teilzunehmen.
Verhaftung im April 2022
Der 41-jährige ehemalige Journalist mit russischem und britischem Pass ist einer der schärfsten Kritiker des Kreml. Er war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in der Ukraine kritisiert hatte. In einem wenige Stunden vor seiner Festnahme auf dem US-Nachrichtensender CNN ausgestrahlten Interview hatte er gesagt, Russland werde von "einem Regime von Mördern" regiert.
In seiner letzten Rede in dem Gerichtsverfahren verglich Kara-Mursa seinen Prozess mit einem von Josef Stalins Schauprozessen in den 1930er-Jahren. Er lehnte es ab, das Gericht um einen Freispruch zu bitten. Er stehe zu allem, was er gesagt habe und sei stolz darauf. "Verbrecher sollten für ihre Taten Buße tun. Ich hingegen sitze wegen meiner politischen Ansichten im Gefängnis. Ich weiß auch, dass der Tag kommen wird, an dem sich die Dunkelheit über unserem Land verziehen wird", sagte er.
Bundesregierung fordert Freilassung Kara-Mursas
Die Bundesregierung kritisierte die Verurteilung von Kara-Mursa scharf. Die Regierung verurteile die Gerichtsentscheidung "auf das Schärfste", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts.
Auch dieses Urteil ist, wie viele weitere, auf die Abschreckung, Ausgrenzung und Unterbindung jeglicher kritischer Stimmen gerichtet".
Das Verfahren gegen Kara-Mursa zeige, wie die russische Justiz gegen ihn und viele seiner Landsleute instrumentalisiert werde und welch "erschütterndes Ausmaß" die Repression in Russland inzwischen erreicht habe. Die Bundesregierung fordere "die umgehende Freilassung von Wladimir Kara-Mursa und natürlich auch aller anderen zu Unrecht politisch Inhaftierten", sagte die Sprecherin weiter.
Auch die EU übte scharfe Kritik: "Die ungeheuerlich harte Gerichtsentscheidung zeigt einmal mehr, dass die Justiz politisch missbraucht wird, um Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und alle Stimmen, die sich gegen den unrechtmäßigen russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine aussprechen, unter Druck zu setzen", teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mit.
Das US-Außenministerium in Washington bezeichnete das Urteil gegen den russischen Oppositionellen als "politisch motiviert". Kara-Mursa sei "ein weiteres Ziel der eskalierenden Kampagne der Unterdrückung seitens der russischen Regierung."
Jahrelang als Politiker in der Opposition gegen Putin
Kara-Mursa war jahrelang als Politiker in Opposition zu Präsident Wladimir Putin tätig. Er setzte sich bei ausländischen Regierungen und Institutionen für die Verhängung von Sanktionen gegen Russland und einzelne Russen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen ein.
2015 und 2017 war er mit Vergiftungssymptomen zusammengebrochen und überlebte nur knapp. Kara-Mursa und seine Unterstützer erklärten, er sei Opfer von Anschlägen geworden. Die russischen Behörden streiten jede Beteiligung an den mutmaßlichen Anschlägen ab. Seine drei Kinder und seine Frau leben seit Jahren in den USA.
Vaclav-Havel-Preisträger von 2022
Kara-Mursa war im vergangenen Jahr mit dem prestigeträchtigen Vaclav-Havel-Preis des Europarats ausgezeichnet worden. Mit dem Preis zeichnet die Parlamentarische Versammlung des Europarats seit 2013 Engagement für die Menschenrechte aus. Der Preis ist mit 60.000 Euro dotiert und nach dem verstorbenen Bürgerrechtler und früheren Präsidenten der Tschechischen Republik benannt.