Scharfe Kritik von Opfern London segnet umstrittenes Nordirland-Gesetz ab
Im britischen Unterhaus ist ein Gesetz verabschiedet worden, das einen Schlussstrich unter die Verbrechen des Nordirland-Konflikts setzen soll. Doch wem das nützt, ist umstritten. Angehörige der Opfer üben scharfe Kritik.
Das britische Unterhaus hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, mit dem die Aufarbeitung von Verbrechen aus der Zeit des Bürgerkriegs in Nordirland weitgehend beendet werden soll. Straf- und zivilrechtliche Prozesse zu Morden und anderem Unrecht aus den drei Jahrzehnte andauernden "Troubles" in der britischen Provinz soll es damit künftig nicht mehr geben.
Dem Gesetz zufolge soll eine "Unabhängige Kommission für Versöhnung" Fakten aus der Zeit des Konflikts zusammentragen. Tätern soll im Gegenzug für die Herausgabe von Informationen Amnestie gewährt werden. Das Gesetz werde "einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen", sagte der britische Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris im Londoner Parlament.
Gesetz stößt in Nordirland auf Widerstand
Vertreter von Angehörigen der Opfer werfen der konservativen Regierung in London vor, in erster Linie ehemalige britische Soldaten vor rechtlichen Konsequenzen schützen zu wollen. In Nordirland wird das Gesetz von allen Seiten des politischen Spektrums abgelehnt. Kritik daran kam auch vom Europarat, den Vereinten Nationen und US-Politikern. Die irische Regierung in Dublin erwägt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Im Nordirland-Konflikt kämpften überwiegend katholische Befürworter einer Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland gegen meist protestantische Anhänger der Union mit Großbritannien, Polizei und britisches Militär. Mehrere Tausend Menschen starben. Der Bürgerkrieg dauerte von Ende der 1960er-Jahre bis zum Friedensschluss im Karfreitagsabkommen von 1998.
Den Höhepunkt des Konflikts markierte der "Bloody Sunday" am 30. Januar 1972. An diesem Tag schossen britische Fallschirmjäger in der nordirischen Stadt Derry bei einer Demonstration auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dabei wurden 14 Menschen getötet.
Das "Northern Ireland Troubles (Legacy and Reconciliation) Bill" genannte Gesetz muss nun noch endgültig vom Oberhaus verabschiedet werden, doch das gilt als Formalie.