Kinderpornografie-Prozess in Wien Bewährungsstrafe für Schauspieler Teichtmeister
Es ist ein tiefer Fall: Einst Liebling der Wiener Kulturszene, ist der Schauspieler Teichtmeister im Kinderpornografie-Prozess zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Für manche ein Skandal - für andere eine Sternstunde der Justiz.
Draußen vor dem Wiener Landesgericht gibt es viel Lärm: Abgezählt 32 Demonstrierende, ein Galgen, den sie hochhalten. Sie geben vor, Kinderschützer zu sein, haben am Wochenende schon auf dem Land, vor dem Haus der Mutter des Angeklagten demonstriert. Und sie fordern: wegsperren, lebenslänglich.
Drinnen im großen Schwurgerichtssaal, der bis auf den letzten Platz besetzt ist, sitzen ein als streng bekannter Richter und zwei Schöffinnen, Laienrichterinnen. Nach dreieinhalb Stunden fällt das Urteil: zwei Jahre Haft, drei Jahre lang ausgesetzt auf Bewährung - aber nur bei gleichzeitiger Psychotherapie mit zahlreichen strengen Auflagen. Das heißt: Florian Teichtmeister muss nicht hinter Gitter.
"Ein Skandal" - toben die Boulevardmedien unmittelbar nach dem Urteil und zeigen den Galgen im Bild, immer wieder. Eine Sternstunde der nicht immer unumstrittenen österreichischen Justiz, sagt hingegen Florian Klenk, Chefredakteur des Wiener Magazins "Falter". Der studierte Jurist hat den Fall Teichtmeister von Beginn an intensiv recherchiert. "Also das ist schon eine Lynchstimmung, auch wenn jetzt die Demonstranten sagen, wir wollen ja gar nicht aufhängen", sagt er. "Und der Richter hat heute gesagt, ich folge nicht dem Druck der Straße."
Gesetze verschärft
Dieser Druck war groß. Österreichs Regierung hat nach Bekanntwerden des Teichtmeister-Skandals die Gesetze verschärft. Der anfängliche Versuch, die Sache kleinzureden - als nur "digitales Delikt", weil sich Teichtmeister nie selbst an Kindern vergangen hat, aber natürlich die, deren Videos er ansammelte - hat in Österreich einen gewaltigen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Teichtmeisters Medienanwalt, selbst ein Star der Wiener Szene, zog sich zurück.
Erst am Tag vor dem Prozess kam Rudolf Mayer ins Spiel. Der 75-jährige Strafverteidiger ist abgeklärt und erfahren, er hat schon Josef Fritzl verteidigt - den Mann, der seine Tochter im Keller eingesperrt und jahrelang vergewaltigt hat. Mayer argumentierte heftig gegen einen Prominenten-Malus zu Lasten Teichtmeisters. Therapie statt Gefängnis, war sein Plädoyer. Und so erklärte Teichtmeisters Anwalt das Urteil:
Drei Jahre lang darf er nichts machen, sonst muss er diese zwei Jahre, die er bekommen hat, bedingt im Gefängnis absitzen. Und wenn er irgendeine Therapie nicht einhält, wird er sofort auf unbestimmte Zeit in einer Anstalt vergittert absitzen.
Angeklagter voll geständig
Teichtmeister war angeklagt wegen "Besitz" und "Herstellung" von Missbrauchsvideos und -Fotos Minderjähriger und Jugendlicher. "Kinderpornos", hieß die Schlagzeile verkürzend, 76.000 Dateien insgesamt. Etwa die Hälfte der Dateien hat Teichtmeister bearbeitet und kommentiert mit erschreckenden Gewaltfantasien, quälend anzuhören, die Staatsanwältin hat viele davon vorgelesen.
Der Angeklagte war voll geständig. Als die Polizei kam, gab er alle Laptops, Handys, Festplatten mit dem belastenden Material ab, inklusive der Passwörter. Vor Gericht sagte der Schauspieler, er bereue "ehrlich und aufrichtig". Und: Er habe erwischt werden wollen. Die Therapie hat er schon vor Monaten begonnen, damals noch freiwillig.
Schuldbekenntnis als "letzter Vorhang"
Bis alles aufflog, war Teichtmeister einer der Lieblinge der Wiener Kulturszene. Nun wird er nie wieder auftreten, kein Zurück zu den Bühnen, auf denen er große Hauptrollen gespielt hat. Das würde "berechtigten Aufruhr" produzieren, sagt Teichtmeister selbst. Sein Schuldbekenntnis vor dem Wiener Landesgericht war sozusagen der "letzte Vorhang".
Die Wiener Kulturszene bleibt erschüttert. Die Frage, wer wann was gewusst und vielleicht zu lange geschwiegen hat - sie wird immer wieder gestellt.
Der Fall Teichtmeister hat mutmaßlich einige Kollateralschäden hinterlassen. Da ist etwa der Burgtheater-Intendant, Martin Kusej, dessen Engagement nicht verlängert wurde - nicht nur, aber wohl auch deswegen. Oder die enttäuschte Oscar-Hoffnung für den vielgelobten Sisi-Film "Corsage" - er schaffte es nur bis zur Shortlist, dann stand die Polizei in der Wohnung des männlichen Hauptdarstellers und beschlagnahmte bei Kino-Kaiser Franz Joseph die Dateien mit Missbrauchsdarstellungen. Und viele populäre Serien, die der öffentlich-rechtliche ORF jetzt nicht mehr wiederholen will. Bis auf weiteres.