Umstrittenes Gesetz der PiS Polens Opposition beruft "Lex Tusk"-Kommission ab
Noch ist Morawiecki Polens Premier - lange regieren dürfte er aber kaum, denn ihm fehlt die Mehrheit im Parlament. Das Oppositionsbündnis schafft derweil Tatsachen und beruft die "Lex Tusk"-Kommission ab.
Vier ältere Herren stehen auf der Besuchertribüne des Sejm, des polnischen Parlaments in Warschau. Sie lächeln, obwohl sie gerade entlassen wurden. Unten im Saal steht die Fraktion der PiS-Partei und applaudiert ihnen. "Danke", rufen die Abgeordneten der PiS. Denn die Herren auf der Tribüne waren Teil der größten Attacke auf die polnische Opposition im Wahlkampf.
"Lex Tusk" wird hämisch das Gesetz genannt, mit dem die PiS eine Kommission einberufen hatte zur Untersuchung russischer Einflüsse auf die polnische Politik - nicht zufällig im Zeitraum ab 2007, also genau ab der Regierungszeit von Donald Tusk, dem wichtigsten Kandidaten der Opposition.
Tusk sollte damit vor der Wahl beschädigt werden, jetzt wird er aber aller Wahrscheinlichkeit nach der neue polnische Premierminister.
Opposition stellt Mehrheit im Parlament
Noch hält die PiS an der Macht fest und verzögert den Regierungswechsel nach Kräften. Im Sejm allerdings hat die Opposition seit der Wahl die Mehrheit. Sie kann die Kommission nicht abschaffen, aber ihre insgesamt acht Mitglieder abberufen. Und das tut sie.
"Wenn diese Kommission zuverlässig ihre Arbeit machen würde, dann würde sie erklären, warum in Polen eine Politik verfolgt wurde, die der von Wladimir Putin in Russland ähnelt: Die freien Medien mundtot machen, Nichtregierungsorganisationen eliminieren, Fake News verbreiten", ruft Borys Budka von der oppositionellen Bürgerkoalition während der Debatte.
Erst die PiS habe im großen Stil Kohle aus Russland importiert. Wenn also jemand Putin in die Hände gespielt habe, so seine Argumentation, dann doch die PiS selbst.
Noch-Opposition schafft Tatsachen
Die PiS-Fraktion reagiert mit einem Aufschrei, aber Budka kündigt im Namen der Koalition, die bald regieren will, Abrechnung an. "Ja, meine Lieben, genau das passiert heute. Die pro-russische Politik der letzten acht Jahre wird schrittweise zurückgedreht", ruft Budka. "Wir werden in aller Ruhe reparieren, was Sie in den letzten acht Jahren kaputtgemacht haben."
Zwischendrin kommt es fast zu einer Schlägerei im Plenum. Die PiS muss mit ansehen, wie die Noch-Opposition schon vor Regierungsantritt Tatsachen schafft. Zugleich hält sie daran fest, dass sie offen für eine Koalition ist, um weiter regieren zu können, ohne dabei vor ihrer eigenen Wählerschaft die Angriffe auf die Opposition einzustellen.
Morawiecki: Tusk hat Russland-Verbindungen aufgebaut
Es gebe konkrete Hinweise, die bewiesen, dass Donald Tusks Partei verschiedene Verbindungen zu Russland habe aufbauen wollen, sagt Premierminister Mateusz Morawiecki, "schon damals, in jenen Jahren, die vom Blut der Georgier, der Ukrainer und aller Opfer der Smolensk-Katastrophe geprägt waren". Damit bezieht sich Morawiecki auf den Flugzeugabsturz 2010 im russischen Smolensk, bei dem Polens Präsident Leck Kaczynski und viele Passagiere ums Leben kamen.
Und die Herren auf der Tribüne? Sie lächeln, weil sie kurz vor ihrer Entlassung noch geliefert haben. Zwar keinen Untersuchungsbericht, aber doch die These, polnische Geheimdienste hätten unter Tusk mit anderen, darunter auch dem russischen Geheimdienst kooperiert. Tusk sei deshalb nicht für ein öffentliches Amt geeignet. Dass auch die PiS nach ihrer Wahl 2015 natürlich nicht schlagartig alle Kontakte nach Moskau abgebrochen hat, erwähnen sie nicht.