Schwangerschaftsdaten in Polen Ein "Register" sorgt für Empörung
In Polen sind Abtreibungen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Viele Frauen fahren deshalb für Schwangerschaftsabbrüche ins Ausland. Nun will die Regierung Daten über Schwangerschaften speichern lassen.
Am Freitag setzte Polens Gesundheitsminister Adam Niedzielski seine Unterschrift unter eine umstrittene Verordnung: Die Liste von Patientendaten, die bei Arztbesuchen erfasst werden, wird erweitert. Dabei geht es beispielsweise um Allergien - aber auch um Schwangerschaften.
Das führt in Polen, wo Schwangerschaftsabbrüche nur in Ausnahmefällen erlaubt sind, zu einer scharfen Debatte. Die Opposition warnt vor staatlicher Überwachung und spricht von einem "Schwangerschaftsregister". Mit der Verordnung werde die Politik des "Frauenhasses" der polnischen Regierung fortgesetzt, sagt etwa Kamila Gasiuk-Pihowicz von der größten Oppositionspartei Bürgerplattform.
Familienministerin Marlena Maląg von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit führt hingegen medizinische Gründe für die Speicherung der Daten an: "Diese medizinische Dokumentation kennen nur die Ärzte, nur sie haben Zugriff auf diese sensiblen Daten. Wenn wir die Polen gut behandeln wollen, dann brauchen wir ein solches Register." Denn in der Patientenakte würden allgemeine Gesundheitsdaten gesammelt, nicht nur die über Schwangerschaften
Allgemeine Gesundheitsdaten
Die oppositionelle Linkspartei sagt hingegen, in einem "normalen Land" sei das Speichern solcher Daten eine normale Sache. In Polen aber - mit seinem strengen Abtreibungsrecht - gehe es um die Kontrolle über Frauen, so die Linken-Abgeordnete Agnieszka Dziemianowicz-Bąk: Eine Frau, die ungewollt schwanger wird, werde Angst haben, sich beim Gynäkologen Hilfe zu holen und vom Gesundheitssystem Gebrauch zu machen, wenn sie wisse, dass die Daten über ihre Schwangerschaft gespeichert werden. "Wenn sie eine Fehlgeburt erleidet oder im Ausland einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lässt, dann wird sie Angst haben, dass sie von der Staatsanwaltschaft gejagt wird", meint sie.
Staatsanwaltschaften sollen nicht auf Daten zugreifen
Die Regierung beteuert, dass nur Ärzte und nicht etwa die Staatsanwaltschaft Zugriff auf die Daten bekommen sollen. Außerdem ist der Schwangerschaftsabbruch in Polen zwar fast gänzlich verboten - strafbar ist er aber nicht für die betroffenen Frauen, sondern nur für diejenigen, die dabei helfen.
Kamila Ferenc von der Frauenrechtsorganisation Federa warnt deshalb vor Panikmache. Sie erwarte nicht, dass Frauen massenhaft verfolgt und von der Staatsanwaltschaft einbestellt werden, nur weil sie schwanger waren und es dann nicht mehr sind.
Sie versuche eher, Frauen zu beruhigen: "Panik zu verbreiten, dass alle Polinnen von der Staatsanwaltschaft überwacht werden, ist meiner Meinung eine rhetorische Übertreibung, die dazu führen könnte, dass Polinnen überhaupt nicht mehr zum Gynäkologen gehen würden, was noch schlimmer wäre."
Polens Abtreibungsrecht
Allerdings betont auch Frauenrechtlerin Ferenc den politischen Kontext, in dem die Datenspeicherung beschlossen wurde - also das besonders strenge Abtreibungsrecht in Polen. Man müsse daher wachsam bleiben, sagt die Frauenrechtlerin.
Die große Empörung über das von der Opposition sogenannte Schwangerschaftsregister zeigt auch, wie misstrauisch Teile der polnischen Bevölkerung ihrer Regierung gegenüber inzwischen sind.