Parlamentswahl in Portugal Mitte-rechts-Bündnis siegt knapp
Portugal ist bei seiner Parlamentswahl nach rechts gerückt: Nach Auszählung fast aller Stimmen lösten die Konservativen die regierenden Sozialisten als stärkste Kraft ab. Auch die rechtsextreme Partei Chega legte deutlich zu.
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Portugal haben die regierenden Sozialisten ihre absolute Mehrheit verloren. Nach der Abstimmung vom Sonntag deutete alles darauf hin, dass das konservative Parteienbündnis Demokratische Allianz (AD) die seit gut acht Jahren regierenden Sozialisten (PS) von der Macht verdrängen wird.
Das Mitte-rechts-Bündnis holte den offiziellen Ergebnissen zufolge 29,5 Prozent der Stimmen und stellt künftig 79 von 230 Abgeordneten im Parlament. Die seit 2015 regierenden Sozialisten kamen nur auf 28,7 Prozent und 77 Sitze. Bislang sind rund 99 Prozent der Stimmen ausgezählt, noch fehlen vier zu verteilende Sitze. Für eine absolute Mehrheit wären 116 Sitze nötig.
Chega-Partei wird drittstärkste Kraft
Die rechtsextreme Partei Chega ("Es reicht") konnte ihren Stimmanteil im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren mit 18 Prozent mehr als verdoppeln und kam auf 48 Sitze im künftigen Parlament. Eine Koalitionsbildung dürfte angesichts der Mehrheitsverhältnisse sehr schwierig werden. Eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten hatten die Großparteien vor der Wahl ausgeschlossen.
AD-Spitzenkandidat Luís Montenegro hatte auf eine Koalition mit der Liberalen Initiative gehofft, die aber nur auf fünf Prozent und acht Sitze kam - damit scheidet die kleine Partei als Koalitionspartner aus. Montenegro sprach dennoch von einem "unumstößlichen Sieg". Der sozialistische Rivale Pedro Nuno Santos räumte seine Niederlage ein und kündigte den Gang in die Opposition an.
Koalition von Hauptparteien gilt als ausgeschlossen
Eine große Koalition gilt in Portugal als ausgeschlossen: Die beiden Hauptparteien trennen faktisch unüberwindbare Differenzen. Nicht wenige Beobachter gehen vor diesem Hintergrund von baldigen Neuwahlen aus. Für die PS, die 2022 noch auf 41 Prozent der Stimmen gekommen war, ist der Wahlausgang ein politisches Desaster. Bisher hielten die Sozialisten aufgrund des komplizierten Systems zur Verteilung der Mandate 120 der 230 Sitze im Parlament.
Neuwahlen nach Rücktritt
Die vorgezogene Wahl war angesetzt worden, nachdem der sozialistische Regierungschef António Costa im November wegen Korruptionsvorwürfen gegen sein Umfeld seinen Rücktritt eingereicht hatte. Obwohl die Ermittlungen gegen Costa selbst schnell eingestellt wurden, trat er bei der Neuwahl nicht wieder an.
Sein Nachfolger an der Parteispitze und PS-Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos ist nicht unumstritten: 2022 war er wegen eines Skandals um Abfindungszahlungen an eine Managerin der staatlichen Luftfahrtgesellschaft TAP als Infrastrukturminister zurückgetreten. "Trotz des minimalen Unterschieds zwischen uns und der AD (...) haben wir die Wahlen nicht gewonnen und wir werden in die Opposition gehen", räumte der PS-Spitzenkandidat ein. 2015 hatte Costa mit linken Parteien eine Regierung gebildet.
Bei seinem Amtsantritt versprach er, den im Zuge der Finanzkrise von der konservativen Vorgängerregierung auferlegten Sparkurs zurückzunehmen. Seitdem hat Portugal einen Wirtschaftsaufschwung erlebt: Die Kaufkraft nahm zu, die Arbeitslosigkeit ging zurück, die öffentlichen Finanzen erholten sich. Bei der Wahl 2022 holten die Sozialisten eine absolute Mehrheit. Zuletzt waren den Meinungsumfragen zufolge aber immer mehr Menschen unzufrieden mit der sozialistischen Regierung: Sie hat es ihrer Ansicht nach trotz der guten Wirtschaftslage versäumt, zentrale Themen wie die grassierende Wohnungsnot, die marode staatliche Gesundheitsversorgung und das reformbedürftige Bildungswesen anzugehen.