Nach Tod des Jugendlichen Nahel Gedenken und Protest in französischen Städten
Von Straßburg bis Nantes, von Paris bis Marseille: In vielen Städten Frankreichs haben sich Menschen zu Gedenkmärschen und Protesten gegen Polizeigewalt versammelt - zum Teil trotz Verboten. Die Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich.
Knapp zwei Wochen nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle bei Paris sind in mehreren französischen Städten Menschen auf die Straße gegangen. Mehrere linke Organisationen hatten zu Gedenkmärschen für den von einem Polizisten erschossenen 17-jährigen Nahel aufgerufen, zugleich sollte "gegen Polizeigewalt" demonstriert werden. Das Innenministerium sprach laut Angaben der Nachrichtenagentur AFP am Abend von insgesamt 5900 Teilnehmenden.
In Straßburg demonstrierten am Morgen mehrere Hundert Teilnehmer in einem Protestzug. Die Demonstrierenden trugen ein Banner mit der Aufschrift "In Trauer und in Wut". Eine in Marseille geplante Demonstration wurde auf Anordnung der Polizei aus dem Stadtzentrum verlagert. Die Behörden untersagten dagegen eine Demonstration in der nördlichen Stadt Lille.
Trotz Verbot Demo in Paris
Obwohl die Polizei in Paris eine Demonstration im Gedenken an den 2016 nach einer Verfolgung durch die Polizei gestorbenen jungen Schwarzen Adama Traoré ebenfalls untersagt hatte, versammelten sich am Nachmittag rund 2000 Demonstranten auf dem Place de la République. Darunter befanden sich auch Abgeordnete des Linksbündnisses im Parlament.
Die Kundgebung verlief friedlich. Die Teilnehmenden wurden zwar von Polizisten am geplanten Marsch auf den Platz der Republik gehindert. Die Demonstration konnte dann aber auf dem nahe gelegenen Boulevard Magenta weitergeführt werden.
"Man will unsere Toten verbergen, man will die Polizeigewalt und das Schweigen des französischen Staates angesichts unserer Toten verbergen", sagte die Schwester des Getöteten, Assa Traoré, auf der Demonstration, wie die Zeitung "Le Parisien" berichtete. "Heute kann Frankreich nicht sagen, dass es in einer demokratischen Verfassung ist. Das ist falsch, man hat uns verboten zu marschieren." Später rief Traoré die Teilnehmer auf, die Kundgebung friedlich zu beenden.
Die Polizeipräfektur hatte den Marsch unter Verweis auf die angespannte Lage nach den jüngsten Unruhen am Morgen untersagt. Die Versammlung sei zu spät angemeldet worden, und wegen anderer Kundgebungen stünden auch keine Polizisten zur Begleitung des Marsches zur Verfügung, hieß es.
Nach dem Tod des 17-jährigen Nahel bei einer Verkehrskontrolle vor knapp zwei Wochen wurde Frankreich von schweren Krawallen und Protesten gegen Polizeigewalt erschüttert. Wiederholt kam es zu Plünderungen, Brandanschlägen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen Polizisten und Randalierern.
Gegen den Beamten, der den tödlichen Schuss auf den Jugendlichen abgab, wird wegen Totschlags ermittelt. Inzwischen haben die Unruhen nachgelassen. Die Sorge ist aber, dass sie zum Nationalfeiertag am 14. Juli wieder aufflammen.
UN-Komitee rügt französische Polizei
Auch ein UN-Gremium wirft der Polizei Frankreichs strukturellen Rassismus vor. Der Ausschuss, der die Umsetzung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassismus überwacht, zeigte sich zutiefst besorgt über "die anhaltende Praxis des Racial Profiling in Verbindung mit exzessiver Gewaltanwendung bei der Strafverfolgung".
Die französische Regierung nannte die Äußerungen "übertrieben" und "unbegründet". Jegliches "racial profiling" durch die Polizei sei "in Frankreich verboten", erklärte das Außenministerium.