US-Star Griner in russischem Lager "Für sie wird es doppelt schwer"
In einem russischen Frauenstraflager soll die US-Basketballerin Griner neun Jahre absitzen. Sie werde es dort doppelt schwer haben, glaubt die Gefängnisaktivistin Romanowa.
"Land der Straflager" - so wird Mordwinien im Volksmund genannt. Auch viele Frauenstraflager befinden sich in der Teilrepublik südöstlich von Moskau, in der zu Sowjetzeiten Dutzende Gulags entstanden waren. Straflager, die bis heute genutzt werden. Die Pussy Riot-Aktivistin Tolokonnikowa und auch die Juristin von Chodorkowskis Jukos-Konzern, Bachmina, verbüßten hier ihre Haftstrafen.
In einem der Frauenlager, genannt IK-2, sitzt nun die US-Basketballerin Brittney Griner ein. Das Leben in der Strafkolonie an sich erfordert bereits viel Kraft und Durchhaltevermögen. Griners Anwälte sagen, sie versuche sich in ihre neue Umgebung einzugewöhnen, stark zu bleiben.
Romanowa: Jederzeit mit Schikanen rechnen
Das aber, sagt Olga Romanowa von der Hilfsorganisation "Russland hinter Gittern", sei leichter gesagt als getan. Zwar gebe es schlimmere Straflager als IK-2 - für die Spitzensportlerin werde es aber noch härter als für andere: "Das erste Problem - sie ist eine bekennende Lesbe. Das zweite Problem - sie ist US-Amerikanerin. Das dritte Problem - sie ist dunkelhäutig", sagt Romanowa.
Sie müsse nicht nur mit Schikanen des Wachpersonals, sondern auch ihrer Mitinsassinnen rechnen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, denn in den Barracken gebe es keinerlei Privatsphäre. Weder im Gemeinschaftsschlafraum, noch dort, wo sich Waschbecken und Toiletten befinden. Auch zum Duschen geht es nur gemeinsam. Auf Kommando. Und selbst das gilt als Luxus: "Sich täglich zu waschen - das ist dort nicht Amerika", erklärt Romanowa.
Was zählt, sind Zigaretten
Der Lageralltag sei hart und strikt durch getaktet. Aufstehen um 6 Uhr, Bettruhe um 22 Uhr. Die meiste Zeit werde gearbeitet. In der Regel in der Näherei auf demselben Gelände. Und das Straflager IK-2, sagt Romanowa, sei berüchtigt dafür, die Gefangenen mehr als üblich arbeiten zu lassen: "Sie werden gezwungen, Papiere zu unterschreiben, dass sie auf Wochenenden und auf Urlaub verzichten und fast davon träumen, Überstunden zu machen!"
Der Lohn dafür - gering. Entscheidend aber sei sowieso eine andere Währung: "In allen Lagern werden die Preise von Waren und Dienstleistungen in Zigaretten gemessen. Zigaretten sind in Russland eine Art 'Gefängniswährung'."
Strenge Regeln, karges Essen
Dinge, die die US-Basketballerin nun lernen muss, ohne sich wirklich verständigen zu können. Denn gesprochen und telefoniert werden darf im Straflager nur in einer Sprache - auf Russisch.
Verstöße gegen die Regeln, und seien sie noch so klein und unbedeutend, werden geahndet: "Die Frauen werden damit bestraft, dass Warmwasser abgestellt wird, dass Pakete oder Besuche verboten werden", sagt Romanowa.
Problematisch werde für die Spitzensportlerin aber auch die Ernährung: Gesüßter Tee, Gerstenbrei auf Wasserbasis, etwas Brot und Margarine zum Frühstück. "Dann gibt es zum Mittagessen Graupen- oder Kartoffelsuppe oder Graupen-Kartoffelsuppe. Dazu Kartoffeln mit Fischschwanz oder mit einer Frikadelle, die aber fast ausschließlich aus Brot besteht." Und am Abend wieder Brei und Brot.
Das Straflager IK-2 in der Stadt Yavas, in dem Brittney Griner einsitzt.
Wird Griner gegen einen Waffenhändler eingetauscht?
Trotzdem werde sich die Lagerleitung bemühen, Griner halbwegs fit zu halten. Auch wenn das Lager für seine schlechte medizinische Versorgung bekannt sei. "Dem Lagerleiter wird klar sein, dass sie jederzeit ausgetauscht werden kann und daher mehr oder weniger in Form sein sollte."
In der Tat verdichten sich die Hinweise, dass Verhandlungen über einen Austausch Griners gegen den in den USA verurteilten Waffenhändler Viktor But laufen. Noch aber, ließ der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow durchblicken, sei man noch nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen.
Für die US-Amerikanerin heißt das, dass sie weiterhin nur hoffen kann, dass sie das international scharf kritisierte, extrem harte Strafmaß nicht komplett absitzen muss. Sie war wegen des Besitzes einer Kleinstmenge von Cannabis-Öl in Kartuschen für E-Zigaretten zu neun Jahren Straflager verurteilt worden.