Beschluss der russischen Duma Elektronischer Musterungsbescheid erlaubt
Abschied vom Einschreiben: Das russische Parlament hat die Zustellung eines Musterungsbescheids für die Armee auf elektronischem Weg zugelassen. Gleichzeitig wurden mögliche Strafen verschärft.
394 Ja-Stimmen, keine Gegenstimme, eine Enthaltung: Die Abgeordneten des russischen Unterhauses haben damit die Weichen für eine Gesetzesänderung gestellt, die vor allem junge Männer umtreibt. Denn die Behörden werden es künftig deutlich einfacher haben, auf Wehrpflichtige zuzugreifen. Unabhängig davon, ob es um den regulären Wehrdienst geht. Oder um eine Mobilisierung.
Ausreisesperre ab Zustellung gültig
Musste bisher ein Musterungsbescheid per Einschreiben dem Betroffenen direkt zugestellt oder aber über seinen Arbeitgeber weitergeleitet werden, seien künftig zusätzlich auch elektronische Aufforderungen möglich, erklärte der Leiter des Verteidigungsausschusses, Andrej Kartapolow.
Elektronische Bescheide gelten ab dem Zeitpunkt ihrer Zustellung im persönlichen Profil eines Bürgers im entsprechenden Portal als zugestellt. Schriftliche Vorladungen gelten hingegen ab dem Zeitpunkt ihrer Zustellung und Aushändigung gegen Unterschrift, aber auch bei Verweigerung des Empfangs. Ab diesem Moment unterliegt der Betroffene künftig einer Ausreisesperre.
Empfindliche Strafen bei Nicht-Befolgung
Reagiert ein Wehrpflichtiger über einen längeren Zeitraum nicht auf entsprechende Melde-Aufforderungen, können die Behörden weitere Maßnahmen ergreifen, so Kartapolow. "Zu den restriktiven Maßnahmen gehören Fahrverbote, das Verbot, Fahrzeuge zuzulassen, Unternehmen oder Selbstständigkeit zu registrieren, ein Verbot Immobilien oder Grundstücke eintragen zu lassen sowie Darlehen oder Kredite aufzunehmen."
Regional können weitere Beschränkungen erlassen werden. Möglich sind zum Beispiel Kürzungen von Sozialleistungen. Massive Einschnitte und Beschränkungen, die aus Sicht Kartapolows gerechtfertigt sind. Schließlich gehe es um Recht und Gerechtigkeit, "denn der Dienst in den Streitkräften ist die heilige Pflicht eines jeden Bürgers, eine verfassungsrechtlich verankerte Ehrenpflicht."
Dieser Pflicht nachzukommen, pries Kartapolow den Gesetzentwurf an, werde künftig deutlich leichter. Da Wehrpflichtige nun ihre Daten auf elektronischem Wege auf dem aktuellsten Stand halten könnten.
Sorge vor weiterer Mobilisierung
Während der ersten Teilmobilisierung war aufgefallen, dass viele Daten veraltet waren. Männer, die hätten mobilisiert werden sollen, waren nicht auffindbar. Das soll sich nun - mit Hilfe eines aktualisierten Registers, das die Betroffenen selbst in die Pflicht nimmt - ändern.
Das aber heiße nicht, dass nun eine zweite Mobilisierungswelle bevorstehe, betonten die Autoren der Gesetzesänderung.
Die Sorge, dass genau das passieren könnte, ist jedoch groß. Vor allem angesichts des Tempos, das die Gesetzgeber an den Tag legen. Schon morgen könnte das russische Oberhaus, der Föderationsrat, über die Gesetzesänderung abstimmen. Dann fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten.