Jahrelange Haft für Schweden Brüder wegen Russland-Spionage verurteilt
Zwei Brüder sind in Schweden wegen schwerer Spionage für Russland verurteilt worden. Der ältere bekam eine lebenslange Haft, der jüngere fast zehn Jahre. Die Brüder hätten sensible Informationen weitergeleitet, so der Vorwurf.
Es bestehe kein Zweifel, so das Stockholmer Amtsgericht in der Urteilsbegründung: Die Brüder haben jahrelang sensible Informationen an den russischen Militärnachrichtendienst GRU weitergeleitet. Deshalb wurden sie zu einer lebenslangen Haftstrafe beziehungsweise zu neun Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.
Die Richter gehen davon aus, dass der ältere Bruder für die Beschaffung geheimer Dokumente zuständig war. Er arbeitete jahrelang für den schwedischen Nachrichtendienst Säpo und später für den militärischen Nachrichtendienst MUST.
Verschlüsselungsprogramme und ein Tagebuch
"Wir haben auf seinem privaten Computer Verschlüsselungsprogramme und auch andere Programme gefunden, die Spuren verwischen", erklärt Gerichtssprecher Mans Wigen. "Einer der wichtigsten Beweise sind Spuren von zwei Dokumenten, wegen derer er angeklagt war. Und er hat innerhalb von zehn Monaten in den Jahren 2016 und 2017 mit großen Bargeldsummen hantiert - umgerechnet rund 50.000 Euro."
Der jüngere Bruder habe eine Art Tagebuch geführt, das man auf einem USB-Stick gefunden habe - ebenfalls ein wichtiges Beweisstück. Beide Angeklagte hatten die Vorwürfe bestritten. Ein Anwalt kündigte an, der ältere Bruder wolle in Berufung gehen.
Risiko, dass wichtige Quellen enttarnt wurden
Tony Ingesson ist Politikwissenschaftler an der Universität Lund und Spionage-Experte. Dem schwedischen Fernsehen sagte er, der Fall sei eine Art Worst-Case-Szenario. "Es besteht das Risiko, dass die Brüder für Schweden wichtige Quellen enttarnt haben, also Informanten. Für sie ist das ein großes Risiko. Und auch wenn eine Person nicht unbedingt auf geheimste Informationen zugreifen kann, ist auch die Masse an Informationen über die Zeit entscheidend."
Doch wie groß der Schaden wirklich ist, welche geheime Informationen weitergeben worden sind, ist nicht bekannt. Denn der Prozess fand zwei Monate lang fast ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt.
"Bei den wenigen Gelegenheiten, als Medien zugelassen waren, ging es vor allem um Allgemeines, um die Anklageschrift und die Stellungnahmen", berichtet Lars Erik Taubert, Gerichtsreporter im schwedischen Fernsehen. "Es war schwer, sich einen Eindruck von den Reaktionen der Angeklagten zu machen."
Spionage in Schweden könnte zunehmen
Der Fall der beiden Brüder ist nun vorerst abgeschlossen, der schwedische Nachrichtendienst rechnet jedoch damit, dass Spionagetätigkeiten in Schweden weiter zunehmen - auch wegen des geplanten NATO-Beitritts.
"Russland hat Bedarf an Technologie und Wissen über politische Prozesse und Entscheidungen hier in Schweden" sagte die Chefin des Nachrichtendienstes Säpo, Charlotte von Essen, kürzlich. "Das erhöht unserer Einschätzung nach auch den Bedarf an Geheimdienstaktivitäten."
Kurz bevor der Prozess rund um die beiden Brüder Ende November begann, kam es in Schweden zu einer weiteren spektakulären Festnahme mutmaßlicher Spione: Spezialeinsatzkräfte seilten sich nachts aus einem Hubschrauber ab und nahmen ein Ehepaar in einer Stockholmer Villa fest. Auch sie sollen seit Jahren im Auftrag Russlands spioniert haben.