Russland beschießt Infrastruktur Ukraine meldet Welle von Raketenangriffen
Immer wieder greift Russland gezielt Infrastruktur der Ukraine an. Durch den Ausfall von Strom und Heizung soll offenbar der Widerstandswille gebrochen worden. Am Morgen begann eine neue, massive Angriffswelle.
Russland hat nach ukrainischen Angaben eine neue Angriffswelle mit Raketen gestartet. Explosionen wurden unter anderem aus der Hauptstadt Kiew und aus Charkiw gemeldet, der zweitgrößten Stadt des Landes. Sie liegt im Osten der Ukraine, nahe der Grenze zu Russland.
Auch in der Schwarzmeerregion Odessa im Süden des Landes gab es Angriffe, ebenso in Saporischschja, Mykolajiw, Winnyzja, Poltawa, Dnipropetrowsk. In der südostukrainischen Industriestadt Krywyj Rih wurden den Behörden zufolge zwei Menschen infolge der Raketenangriffe getötet und fünf verletzt, als ein Haus getroffen wurde.
Im ganzen Land warnten Sirenen vor Luftangriffen. "Ignorieren Sie nicht den Luftalarm, bleiben Sie in den Schutzräumen", forderte der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, die Bevölkerung über Telegram auf.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Region Charkiw komplett ohne Strom
Ziel der Angriffe war offenbar die kritische Infrastruktur - also etwa die Stromversorgung. Die Region Charkiw ist nach Angaben des Energieversorgers Oblenergo derzeit komplett ohne Strom. Auch aus anderen Städten werden Stromausfälle gemeldet.
Die Präsidialverwaltung teilte mit, dass landesweit auf Notversorgung im Energiebereich umgestellt werde. Sie rief die Menschen, die oft in Kälte und Dunkelheit sitzen, zu Verständnis auf. Es gebe Schutz- und Wärmestellen im Land, wohin sie kommen könnten. Notfalldienste würden zudem daran arbeiten, die getroffenen und beschädigten Energieanlagen zu reparieren.
Die U-Bahn und ihre Zugänge werden bei Raketenangriffen als Luftschutzbunker genutzt.
Menschen suchen Schutz in der U-Bahn
Auch in Kiew fielen Licht, Wasser und Heizung aus, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtet. Die U-Bahn stellte den Betrieb ein. Wie in vielen osteuropäischen Städten verläuft sie an viele Stellen sehr tief unter der Erde und wird bei Angriffen als Bunker genutzt. Bürgermeister Vitali Klitschko bestätigte die Angriffe im Nachrichtendienst Telegram und rief die Menschen auf, Schutz zu suchen.
Widerstandswille soll gebrochen werden
Seit Oktober hat das russische Militär in mehreren Wellen die Energie-Infrastruktur der Ukraine angegriffen. Im ganzen Land kam es dadurch zu Stromausfällen. Die Angriffe gelten als Teil einer neuen Strategie Russlands nach Rückschlägen auf dem Schlachtfeld in den vergangenen Monaten. Sie sollen offenbar dazu führen, dass die Ukrainer schutzlos der Winterkälte ausgesetzt sind und so ihr Widerstandswille gebrochen wird.
Die aktuelle Angriffswelle scheint die heftigste seit Oktober zu sein. Medien berichteten von etwa 70 Raketenangriffen auf die Ukraine.
Angriffe auch in besetztem Gebiet
Auch aus den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine gibt es Berichte über Raketenbeschuss. In dem Ort Lantratiwka im Gebiet Luhansk sollen acht Menschen durch Feuer von ukrainischer Seite getötet worden sein. Das meldete die russische staatliche Nachrichtenagentur Tass nach Angaben örtlicher Rettungsdienste.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Neue Offensive auf Kiew?
Die ukrainische Militärführung rechnet offenbar damit, dass Russland im Januar seine Taktik wieder ändert. Die Generäle Walery Saluschnij und Olexandr Syrskij sagten in Interviews mit dem englischen Wirtschaftsmagazin "The Economist", dann könne es eine neue Offensive geben, in deren Rahmen auch ein zweiter Versuch zur Eroberung der Hauptstadt Kiew geplant sei.
"Die Russen bereiten etwa 200.000 Soldaten auf den Einsatz vor. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie es wieder auf Kiew abgesehen haben", zitierte das Magazin Saluschnij. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow äußerte sich gegenüber der Zeitung "The Guardian" ähnlich. Es gebe immer mehr Beweise, dass Russland eine neue Offensive vorbereite. Sie könne für Februar geplant sein, wenn die Hälfte der im Rahmen der Teilmobilmachung eingezogenen 300.000 Männer ihr Training absolviert hätten.