Ukraine-Krieg Raketenangriffe im ganzen Land
Einschläge in der Zentralukraine, im Westen und im Osten: Russland hat viele Ziele mit Raketen beschossen - offenbar auch aus Belarus. Im Donbass konnte die Ukraine nach eigenen Angaben eine wichtige Nachschubroute halten.
Russland hat mehrere ukrainische Regionen mit Raketen unter Beschuss genommen. Sie seien auch aus Belarus abgefeuert worden, erklärte die ukrainische Seite. In den Oblasten Chmelnyzkyj, Lwiw, Mykolajiw, Schytomyr und Tschernihiw seien Einschläge registriert worden, meldete die Nachrichtenagentur Unian. Die Oblast Dnipropetrowsk sei zudem mit Artillerie beschossen worden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Allein in der Umgebung von Schytomyr - einer Großstadt rund 140 Kilometer westlich von Kiew - schlugen nach Angaben des Bürgermeisters 24 Raketen ein. Dabei sei ein Soldat getötet worden.
Dem ukrainischen Generalstab zufolge feuerte Russland die Raketen auf Schytomyr und Ziele in der zwischen Kiew sowie der belarusischen und russischen Grenze gelegenen Oblast Tschernihiw aus Belarus ab. 20 Raketen seien von belarusischem Territorium und aus der Luft auf das Dorf Desna abgeschossen worden, hieß es in der Mitteilung. Opfer gab es demnach aber keine. Es sei Infrastruktur getroffen worden, erklärte die ukrainische Armee, ohne mitzuteilen, ob es sich um militärische Infrastruktur handelte.
Dem ukrainischen Geheimdienst zufolge schossen Flugzeuge im Süden von Belarus zwölf Marschflugkörper ab. Die Bomber seien vom westrussischen Flughafen Schaikowka gestartet, in den belarusischen Luftraum eingedrungen und nach dem Abschuss der Raketen nach Russland zurückgekehrt. Neben Desna seien auch Ziele in den Oblasten Kiew und Sumy getroffen worden.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Treffen von Putin und Lukaschenko geplant
Die Angriffe erfolgten vor einem für heute geplanten Treffen von Kreml-Chef Wladimir Putin und dem belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko in St. Petersburg. Für Donnerstag und Freitag ist ein Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Belarus geplant.
Belarus diente vor allem in den ersten Kriegswochen als Rückzugsgebiet und logistische Basis für die russische Invasion in der Ukraine. Lukaschenko ist ein Verbündeter des russischen Präsidenten Putin. Die Ex-Sowjetrepublik bezeichnet sich allerdings in dem Krieg eigentlich als neutral. Die Führung in Kiew warf Russland vor, Belarus in den Krieg hineinziehen zu wollen.
Einschläge auch im Westen und Süden
In der westukrainischen Oblast Lwiw war erneut das Militärgelände in Jaworiw Ziel der Angriffe. Ukrainischen Angaben zufolge wurden sechs Marschflugkörper von Schiffen auf dem Schwarzen Meer abgeschossen. Vier Menschen seien verletzt worden. In der ebenfalls westukrainischen Oblast Chmelnytzkyj konnte die ukrainische Luftabwehr nach eigenen Angaben zwei Raketen abschießen. Deren Trümmer sollen keine Schäden angerichtet haben.
Bei einem Raketenangriff auf ein Zinkwerk im ostukrainischen Kostjantyniwka tötete das russische Militär laut eigenen Angaben 80 Polen, die auf der Seite der Ukraine kämpfen.
Auch die südukrainische Oblast Mykolajiw meldete einen schweren Angriff. Das Ausmaß der Schäden und mögliche Opferzahlen würden geprüft, sagte eine Sprecherin der Verwaltung. "Aber wir wissen, dass die Hafeninfrastruktur, Wohnviertel und Erholungsgebiete von Zivilisten angegriffen wurden."
Die russische Seite gab an, bei einem Raketenangriff auf Mykolajiw seien 300 ukrainische Soldaten getötet worden seien. Insgesamt bezifferte der Generalleutnant die ukrainischen Verluste allein durch Luft-, Raketen- und Artillerieangriffe innerhalb von 24 Stunden auf 780 Menschen.
Ukraine: Halten Nachschubroute für Lyssytschansk
Bei den Kämpfen im Donbass wehrten die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben Angriffe auf eine wichtige Nachschubroute für die Großstadt Lyssytschansk ab. Die Stadt selbst, die nach dem weitgehenden Rückzug der Ukrainer aus dem benachbarten Sjewjerodonezk zum nächsten Angriffsziel der Russen geworden ist, steht weiter schwer unter Beschuss. Sowohl Artillerie als auch die russische Luftwaffe hätten Lyssytschansk unter Feuer genommen. Zudem hätten russische Truppen versucht, die Stadt von Süden her zu blockieren. Das russische Militär hatte zuvor mitgeteilt, diese Blockade sei erfolgreich gewesen.
Angriffe gab es im Donbass laut den ukrainischen Angaben auch auf den Ballungsraum Slowjansk/Kramatorsk/Kostjantyniwka. Sowohl von Norden als auch von Süden her seien die russischen Angriffe aber zurückgeschlagen worden.
Im Süden des Landes hätten die Russen zudem erfolglos versucht, zuvor verloren gegangene Positionen in der Oblast Cherson mit einem Gegenangriff zurückzuerobern. In der Schwarzmeerregion, die bereits in den ersten Kriegstagen von Russland besetzt wurde, haben die Ukrainer zuletzt eine begrenzte Offensive gestartet und einige Ortschaften zurückerobert. Strategisch wichtig sind diese Gebietsgewinne bislang allerdings nicht.