Wahl in Irland Sinn Fein im Umfragehoch
Bei der Wahl heute in Irland steht eine Partei im Fokus: Sinn Fein. Umstritten wegen ihrer Verbindung zur IRA schnitt sie in Umfragen überraschend stark ab.
Keine Krise an der irisch-nordirischen Grenze trotz Brexit, die Republik geschützt vom breiten Kreuz einer standhaften EU und die Wirtschaft wächst wie keine andere in Europa: Eigentlich ist das eine ideale Bilanz für die regierende Fine Gael, um mit voller Kraft in Neuwahlen zu gehen.
Und Premierminister Leo Varadkar wird nicht müde zu betonen, dass er weiterhin genau der Richtige für dieses Amt ist.
"Die Botschaft für unsere irischen Bauern, unsere Fischereindustrie und die 200.000 Menschen, deren Jobs am Handel mit Großbritannien hängen, lautet: Der Brexit ist keineswegs erledigt", erklärt der Premier.
Brexit spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle
Das Problem für Varadkar ist: Der Brexit hat im irischen Wahlkampf kaum eine Rolle mehr gespielt. Die Krise auf dem Wohnungsmarkt, das marode Gesundheitssystem und eine Anhebung des Rentenalters sind die Themen, die den Wahlkampf dominiert haben.
Manche sagen: Schon die Wohnungsmarktkrise sei so groß, dass die Leute allein deswegen zur Wahl gehen würden.
In den Umfragen liegen die beiden traditionellen Regierungsparteien Fine Gael - die Partei von Leo Varadkar - und Fianna Fail nahezu gleichauf. Inhaltlich unterscheiden sie sich kaum. Die Trennung ist auf Umstände während der Gründung der Republik vor mehr als 100 Jahren zurückzuführen.
Micheal Martin ist der Oppositionsführer, er war schon mehrfach Minister und betont vor allem die Regierungsfähigkeit von Fianna Fail. In den vergangenen neun Jahren habe die konstruktive Rolle als Oposition sehr viel Anerkennung gefunden, stellt er fest. "Wir haben die Minderheitsregierung von Leo Varadkar während des ganzen Brexit-Prozesses unterstützt, weil wir fanden, dass Irland in dieser Zeit eine funktionierende Regierung braucht."
Sinn Fein liegt gleich auf
Die große Unbekannte dieser Wahl ist Sinn Fein. In den jüngsten Umfragen liegt die Partei mit den beiden konservativen Parteien gleichauf, teilweise sogar vor ihnen.
Sinn Fein steht links, greift viele soziale Themen aus dem Wahlkampf auf und will so bald wie möglich ein Referendum zur Vereinigung Irlands mit Nordirland. Vor allem die Jüngeren finden das aufregend, sagt Mary Lou McDonald, die Spitzenkandidatin, weil man dann die Dinge reparieren könne, die nicht funktionieren.
Umstritten ist Sinn Fein aber vor allem wegen der Beziehungen zur Terrororganisation IRA, deren politischer Arm sie lange Zeit war. Fine Gael und Fianna Fail haben eine Zusammenarbeit mit Sinn Fein kategorisch ausgeschlossen.
Die Wahl in Irland dürfte spannend werden, eine Regierungsbildung könnte dauern.
Schwierige Regierungsbildung steht bevor
Auf der Straße sagen manche, dass gerade junge Menschen eher nach aktuellen politischen Gesichtspunkten entscheiden würden, die Vergangenheit sei da nicht so wichtig.
Andere sind skeptischer. "Sie sind die Stimme der Linken geworden, aber ihre Geschichte macht es für viele schwierig, das zusammenzubringen: die fortschrittliche Politik und die blutige Vergangenheit", sagt ein Passant auf der Straße.
Mit einer absoluten Mehrheit kann keine der Parteien rechnen. Deshalb steht in Irland eine schwierige Regierungsbildung bevor. Beim vergangenen Mal dauerte das mehr als zwei Monate.