Nach Angriffen Israel beschließt Anti-Terror-Maßnahmen
Nach den jüngsten Angriffen in Jerusalem hat Israels Sicherheitskabinett neue Maßnahmen zur Terror-Bekämpfung beschlossen. So sollen israelische Siedlungen gestärkt werden und Zivilisten künftig leichter an Waffenscheine kommen.
Nach zwei Angriffen mit sieben Toten und mehreren Verletzten in Ost-Jerusalem hat Israels Sicherheitskabinett am späten Samstagabend neue Maßnahmen zur Terror-Bekämpfung beschlossen.
So sollen israelische Bürger leichter und schneller Lizenzen für Schusswaffen bekommen, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in der Nacht mitteilte. Wie genau die Erleichterungen für den Waffenerwerb aussehen sollen, wurde noch nicht bekannt.
Vereinbart wurde außerdem, Angehörigen von Attentätern, die Terrorismus unterstützen, ihre Sozialversicherungsansprüche sowie Gesundheitsleistungen zu entziehen. Ob und wie genau dies überprüft werden soll, blieb bislang ebenso offen. Weiterhin wurde beschlossen, dass Armee und Polizei gezielt illegale Waffen einsammeln sollen. Und: Israelische "Siedlungen sollen gestärkt" werden. Weitere Schritte dazu würden zu einem späteren Zeitpunkt detaillierter veröffentlicht werden.
Netanyahu-Regierung unter Zugzwang
Ministerpräsident Netanyahu hatte ein entschiedenes Vorgehen nach zwei Angriffen innerhalb von 24 Stunden angekündigt. Seine ultrarechte Regierung stehe für einen harten Kurs im Konflikt, erklärte ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann. Sie definiere sich über Sicherheit und sei nun gewissermaßen unter Zugzwang.
Wie von der Tann weiter berichtete, sind die Truppen im Westjordanland und entlang der Sperranlagen, die Israel und das Westjordanland trennen, bereits verstärkt worden. "Der rechtsextreme neue Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, war am Tatort und hat nochmal gefordert, dass mehr Bürger Waffen tragen sollen können, um sich vor solchen Anschlägen zu schützen."
Wie die Bevölkerung zu solchen Vorschlägen steht, komme sehr darauf an, wen man fragt. Diese Forderung habe es schon häufig gegeben, häufiger in extremen Situationen. Viele Menschen hätten derzeit Angst vor einer weiteren Eskalation der Lage.
Zwei Angriffe in 24 Stunden
Am Samstag hatte ein 13-Jähriger bei einem Angriff auf Siedler im Ost-Jerusalemer Stadtteil Silwan zwei Männer durch Schüsse verletzt. Bewaffnete Passanten schossen auf den Jungen, der anschließend medizinisch versorgt wurde. Medien berichteten, er sei Palästinenser.
Am Freitag hatte ein Angreifer das Feuer auf Besucher einer Synagoge in Ost-Jerusalem eröffnet. Sieben Menschen wurden getötet, mehrere verletzt. Der mutmaßliche Attentäter wurde nach Angaben der Polizei auf der Flucht erschossen. Bei ihm soll es sich um einen 21 Jahre alten Palästinenser handeln, der in Ost-Jerusalem wohnte. Der Mann hatte nach neuesten Erkenntnissen keine Terrorvergangenheit, wenngleich er - so melden es israelische Medien - mit der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas sympathisiert haben soll.
Die Hamas bekannte sich zu dem Anschlag. Es handele sich um einen "Vergeltungsschlag für den Überfall der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Dschenin". Am Donnerstag waren in Dschenin im nördlichen Westjordanland neun Palästinenser bei einem israelischen Militäreinsatz getötet worden, darunter eine ältere Frau.
ARD-Korrespondentin von der Tann berichtet: "Die Situation im Westjordanland ist sehr angespannt. Seit Monaten führt das israelische Militär dort Einsätze durch. Dabei kommt es zu Gefechten und vielen Toten." Gleichzeitig verliere die palästinensische Autonomiebehörde an Kontrolle. "Radikalere Gruppen gewinnen an Einfluss, besonders unter jungen Palästinensern, die keine Perspektive für sich sehen, sich radikalisieren und gewaltbereit werden."
Bei zwei Vorfällen im Westjordanland versuchten Bewaffnete am Samstagabend weitere Angriffe auf Israelis zu verüben. In der Siedlung Kedumim westlich der Stadt Nablus verhinderten nach Angaben der Armee Wachleute ein Attentat. Sie hätten den "Terroristen" entdeckt und "neutralisiert". Unklar war zunächst, ob der Angreifer tot ist.
Ein weiterer Mann gab laut israelischem Militär in einem Restaurant in der Nähe der Stadt Jericho einen Schuss ab und flüchtete vom Tatort. Medien berichteten, er habe Probleme mit seiner Waffe gehabt. Das verhinderte womöglich weitere Schüsse - und Opfer.
Mehr als 600.000 israelische Siedler im Westjordanland
Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Insgesamt leben dort heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.
Die Siedlungspolitik Israels ist sehr umstritten. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel Ende 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich dem annektierten Ost-Jerusalem aufgefordert. Auch US-Außenminister Antony Blinken gilt als Kritiker der Siedlungspolitik. Er wird am Montag und Dienstag die israelische und palästinensische Seite treffen.