Israel vor möglichem Angriff "Es ist die Ungewissheit, die uns umgibt"
Nach der Tötung des Hamas-Chefs Hanija bereitet sich Israel auf einen iranischen Angriff vor. Unklar bleibt, wann der Vergeltungsschlag kommt. Die Menschen in Tel Aviv leben in einer Mischung aus Optimismus und Unsicherheit.
Die Anspannung und die Ungewissheit, was zu erwarten sei, wann damit zu rechnen sei - das mache ihm schon zu schaffen, sagt Avihu, ein junger Mann von Mitte 20, in der Innenstadt von Tel Aviv. "Ich fühle mich nicht bereit, und ich glaube nicht, dass man auf so etwas vorbereitet sein kann. Das ist etwas, was wir noch nie erlebt haben. Wir haben hier Kriege erlebt, es gibt immer Stress und viele Warnungen, aber das ist etwas Großes. Leider."
Er bereite sich nicht vor, sagt Avihu. Wenn die Sirenen losgingen, dann wisse er, was zu tun sei. "Wir befinden uns alle in einer Art Unsicherheit, und das schließt das Heimatschutzkommando ein", sagt der junge Mann. Eine Hochstufung der Gefährdungslage für die Bevölkerung erfolgte bis zum Nachmittag nicht.
"Man kann den Stress nicht ignorieren"
Mit ihren zwei Kindern ist Hilly vom Stadtteil Giv‘atayim in die Innenstadt gekommen - Kaffee trinken, Eis essen. Die Kinder hätten schließlich Ferien, sagt Hilly: "Aber andererseits kann man die Medien und den ganzen Stress, der immer in der Luft liegt, nicht ignorieren. Was wird der Iran tun, was wird die Hisbollah tun, was wird die Hamas tun? Vor zwei Tagen wurden plötzlich Raketen in Richtung Ashdod abgefeuert."
Sie hoffe, dass alles so verlaufen werde, wie beim iranischen Raketenangriff vor vier Monaten auf Israel, sagt Hilly. Damals hatte der Iran mehr als 300 Raketen abgeschossen, die von den Streitkräften Israels, der USA und anderer Verbündeten nahezu vollständig abgefangen werden konnten. Ob es dieses Mal auch so ausgeht?
Mit ihrer 11-jährigen Tochter an ihrer Seite sagt Illy, eine junge Mutter: "Ja, es ist ein bisschen stressig, denn manchmal geht man mit dem Wissen schlafen, dass in der Nacht etwas passieren könnte, aber wir versuchen auch, Spaß mit Freunden und so zu haben - denn es sind ja noch Ferien und es ist keine Schule. Aber wir sind vorsichtig."
Vorbereitungen auf einen iranischen Angriff
Unterdessen kam Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant mit den Generälen der Luftwaffe zusammen, um die Vorbereitungen für den erwarteten iranischen Angriff zu besprechen. Israels Feinde würden sorgfältig ihre Optionen erwägen, da sie die Fähigkeiten der israelischen Luftwaffe in den vergangenen Monaten erfahren hätten, sagte Gallant.
Seit mehreren Tagen versichern Regierungschef, Verteidigungsminister und Armeeführung der Bevölkerung, dass Israel auf alle Eventualitäten vorbereitet sei und hart zurückschlagen werde.
"Wir wollen immer die positive Seite der Dinge sehen"
Was hinterlassen diese Ankündigungen bei jemandem wie dem jungen Israeli Avihu? Er sagt, viele Menschen legten doch eher einen Optimismus an den Tag: "Wir wollen immer die positive Seite der Dinge sehen. Die Menschen gehen ihren täglichen Geschäften nach, und alles ist relativ normal", meint er. "Aber innerlich steht jeder noch unter Stress, und jeder teilt noch die Ungewissheit, die uns umgibt. Aber wir versuchen, das Beste aus allem zu machen und die Dinge positiv zu sehen und daran zu glauben, dass alles gut wird und wir am Ende als Sieger hervorgehen werden."