Großbritannien Premier Johnson übersteht Misstrauensvotum
Das Misstrauensvotum gegen den britischen Premier ist gescheitert. In der Abstimmung der Tory-Fraktion setzte sich Johnson mit 211 zu 148 Stimmen durch. Damit bleibt er Parteivorsitzender und Premier.
Der britische Premier Boris Johnson hat das Misstrauensvotum seiner Konservativen Partei überstanden. Eine Mehrheit von 211 der Tory-Abgeordneten habe Johnson das Vertrauen ausgesprochen, teilte der zuständige Ausschussvorsitzende Graham Brady mit. Damit stimmten sie für Johnsons Verbleib als Parteivorsitzender. 148 Parlamentarier sprachen ihm hingegen das Misstrauen aus. Das Amt des Premierministers ist bei den britischen Konservativen an das des Parteichefs gekoppelt.
Johnson selbst erklärte im Anschluss an die Abstimmung, er habe einen "überzeugenden Sieg" eingefahren. Dass immerhin 148 Abgeordnete gegen ihn gestimmt hatten, nahm der Premier gelassen: "Was das bedeutet, ist, dass die Regierung weitermachen und sich auf Zeug konzentrieren kann, das, wie ich denke, für die Leute wirklich wichtig ist." Für die Partei sei es Zeit, sich zu vereinen.
Ein Jahr lang kein Misstrauensvotum möglich
Auslöser für die Abstimmung war die Affäre um Partys in Johnsons Amtssitz während des Corona-Lockdowns. Der Premier hatte die Feiern geduldet und war teilweise sogar dabei gewesen. Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum hätten sich mehr als 50 Prozent der 359 Tory-Abgeordneten in geheimer Abstimmung für diesen Schritt aussprechen müssen. Am Ende fehlten 32 Stimmen, um Johnson zum Rücktritt zu zwingen. Nach dem Scheitern des Votums ist laut den parteiinternen Regeln ein Jahr lang keine weitere Abstimmung dieser Art mehr möglich.
Rücktrittsforderungen und Geldstrafe
Johnson steht innenpolitisch unter Druck, seit im Winter Stück für Stück ans Licht kam, dass in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street exzessive Partys gefeiert wurden - zu einer Zeit, als die Briten lange Lockdowns absaßen und sich nicht von sterbenden Angehörigen verabschieden konnten.
Immer wieder forderten Parteikollegen öffentlich, Johnson solle zurücktreten. Wegen seiner Teilnahme an einer der Feiern wurde der Premier außerdem mit einer Geldstrafe belegt - und ging damit als erster amtierender britischer Premierminister in die Geschichte ein, der das Gesetz brach.
Allerdings erreichte die Zahl der Kritiker lange nicht die notwendige Schwelle, um das Misstrauensvotum auszulösen. Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine brachte einige zeitweise zu der Ansicht, es sei nicht die richtige Zeit für einen Führungswechsel. Ein Misstrauensvotum wird nach den Regeln der britischen Konservativen abgehalten, wenn 15 Prozent der Fraktion dem Premier das Misstrauen ausspricht.
Vernichtender Untersuchungsbericht
Erst der kürzlich veröffentlichte Untersuchungsbericht der Spitzenbeamtin Sue Gray, der den Verantwortlichen in der Downing Street ein verheerendes Führungszeugnis ausstellte, ermutigte weitere Abgeordnete dazu, ihre Briefe an das zuständige 1922-Komitee zu schreiben. Während der Jubiläumsfeierlichkeiten für die Queen wurde Johnson am Freitag aus den Reihen von Royal-Fans ausgebuht. Am Montagmorgen schließlich gab Brady bekannt, dass das Votum am Abend stattfinden werde: Die notwendige Anzahl an Briefen von Tory-Abgeordneten dafür - also mindestens 54 - sei eingegangen.
Johnson hatte sich im Parlament wiederholt für die Vorfälle entschuldigt, lehnte einen Rücktritt aber ab. Nach Bekanntwerden des Misstrauensvotums hatte sein Sprecher erklärt, der Premier sehe dies als Chance, die "monatelangen Spekulationen zu beenden". Es erlaube der Regierung, "einen Schlussstrich zu ziehen" und sich um die wahren Anliegen der Menschen zu kümmern.
Allerdings gilt schon die Tatsache, dass es zu der Abstimmung kam, als schwerer Schlag. Auch Johnsons Vorgängerin Theresa May überstand ein Misstrauensvotum - allerdings politisch schwer beschädigt. Wenige Monate später gab sie wegen fehlenden Rückhalts schließlich auf. Der Anteil von 59 Prozent, der Johnson nun Rückendeckung gab, war geringer als die 63 Prozent, die May 2018 erhalten hatte.