Britisches Unterhaus Es brodelt trotz Sitzungspause weiter
Stille nach viel Krawall im Unterhaus: Die Parlamentarier haben sich in die Zwangspause verabschiedet. Doch die Diskussionen über die Regierung Johnson gehen weiter.
Die Sitzungsperiode des britischen Unterhauses ist beendet. Aber nach turbulenten Debatten geht die Diskussion weiter. Neuwahlen hat die Opposition abgelehnt. Es sollte aber Wahlen geben, sagen Regierungsmitglieder wie Simon Clarke:
Es wirkt nicht so, als ob das Parlament der Bevölkerung zuhören würde, und dann muss die Bevölkerung das Recht haben, ein Urteil darüber zu sprechen in einer Unterhauswahl und deshalb haben wir eine gefordert.
Die Opposition betont dagegen, dass sie grundsätzlich Wahlen befürwortet, aber nicht zu den Konditionen, die Premier Boris Johnson will. Labour-Politiker und Schatten-Handelsminister Barry Gardiner sagt dazu:
Boris Johnson wollte sicherstellen, dass er das Datum für Neuwahlen bestimmt und das würde dann den No-Deal-Brexit bedeuten.
Fünf Tage hätten wohl auch für Pause gereicht
Auch die Dringlichkeitsdebatten, die es gab, werden noch einmal gerechtfertigt. Im Rahmen dieser Debatten hatten die Abgeordneten beschlossen, dass die Regierung interne Dokumente offenlegen soll - unter anderem dazu, wer, wann, warum entschieden hat, das Parlament gleich für fünf Wochen zu beurlauben.
Offiziell wurde die lange Parlamentspause mit der für den 14. Oktober angesetzten "Queen’s Speech" begründet, der Verlesung des Regierungsprogramms durch die Königin - vor dieser wird das Parlament traditionell beurlaubt. Allerdings hätten dafür auch fünf Tage gereicht. Der konservative Politiker, Oliver Letwin, der Mitglied des Oberhauses ist, sagte in der BBC:
Uns ist gesagt worden, dass es Regierungsmitglieder gibt, die intensiv diskutiert haben, ob sie das Parlament aus einem anderen Grund beurlauben sollten. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht. Aber wir werden es niemals wissen, wenn wir nicht schauen, welche Dokumente es gibt.
Der britische Parlamentspräsident John Bercow hat seinen Rüchtritt bekanntgegeben.
Parlamentarier mit Schildern im Unterhaus
Die nahende Zwangspause hatte noch zu ungewöhnlichen Szenen im Unterhaus geführt, als einige Politiker Schilder mit der Aufschrift "Silenced", also "Zum Schweigen gebracht" hoch hielten, andere riefen: "Schämt Euch". Parlamentspräsident John Bercow kritisierte die lange Parlamentspause ebenfalls mit scharfen Worten:
Das ist keine normale Beurlaubung, das ist kein Standard. Es ist eine der längsten in Jahrzehnten und repräsentiert - wie nicht nur viele Kollegen meinen, sondern auch viele Menschen draußen - eine Form der Ermächtigung der Exekutive.
Einige konservative Abgeordnete weigerten sich danach, Bercow zum Abschluss der Sitzung, in der er seinen Rücktritt bekanntgab, die Hand zu reichen, wie das am Ende einer Sitzungsperiode üblich ist. Ein weiterer Bruch mit Gepflogenheiten und sicherlich nicht der letzte.