Maas auf dem Balkan Stabilität als Versprechen im Gepäck
Auf seiner Reise durch den Westbalkan verspricht Bundesaußenminister Maas den Ländern eine Zukunftsperspektive in der EU. Doch es ist die eigene Regierung, die sein Versprechen ins Wanken bringt.
Stabilität - davon war viel die Rede auf der Balkan-Reise des Bundesaußenministers. Darum ringt diese Region: Um eine stabile Perspektive in Europa und mit der EU, um ein stabiles Verhältnis zu den Nachbarländern. Genau dafür wollte Heiko Maas ein Signal aussenden - für eine stabile, verlässliche Unterstützung durch die deutsche Bundesregierung.
Das wirkte manchmal fast ein wenig skurril angesichts der sich überschlagenden Neuigkeiten aus dem politischen Berlin, wo der Glaube an die Stabilität der Großen Koalition quasi stündlich zu schwinden scheint. An jeder Reisestation des Außenministers gab es neue Meldungen - und keine davon ging in Richtung Stabilität.
Kein "Wer-auch-immer-first"
Da hilft wohl nur, stur auf Kurs zu bleiben: Er sei froh, dass es die Bundesregierung noch gibt, kommentierte Maas in Skopje knapp. Und das nimmt man ihm ab. Maas will weiter regieren, seine außenpolitische Strategie ist durchdacht und langfristig angelegt - und sie fängt gerade erst an, richtig Gestalt anzunehmen.
Dem Außenminister geht es um eine regelbasierte Weltordnung, um ein Miteinander statt einem "Wer-auch-immer first", es geht ihm um Europa. Wenn er über die EU spricht, kommt Maas ins Schwärmen. Die Freiheiten, die Privilegien, die Grundwerte - sie seien nicht selbstverständlich. Sie müssten verteidigt werden, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Und ein vereintes Europa sei die richtige Antwort auf zunehmenden Populismus und den Ruf nach Abschottung weltweit.
Das hörten seine Gastgeber im Westbalkan gerne. Der mazedonische Außenminister Nikola Dimitrov drückte es so aus:
Wir sind draußen. Jene, die drinnen sind, vergessen manchmal, wie kalt es draußen ist.
Heiko Maas' Strategie eines Miteinanders kam bei seinem mazedonischen Amtskollegen Nikola Dimitrov gut an.
Der Westbalkan fühlte sich lange ignoriert
Der Besuch von Maas bedeutet in den Ländern des Westbalkans einiges: Etwa, endlich ernst und wichtig genommen zu werden in ihrem Drang zur EU. Lange fühlte man sich hier ignoriert und beiseite geschoben. Brüssel und Berlin dachten in andere Richtungen, und zuallererst ohnehin an sich selbst - so die Sichtweise in den Westbalkan-Staaten.
Der französische Präsident Emmanuel Macron ist immer noch eher der Meinung, die EU sollte sich erst einmal selbst reformieren, bevor sie an die Aufnahme weiterer Staaten denken kann. Und die Ratlosigkeit, mit der Europa sich auf den Brexit zubewegt, trägt ebenfalls nicht zum Optimismus für das Zukunftsprojekt eines geeinten Europa bei.
Maas setzt dem etwas entgegen, seine "neue Ostpolitik". Im mazedonischen Skopje und in Albaniens Hauptstadt Tirana warb er für den Weg zur EU. Eine Botschaft, die für die Europa-Freunde in der Region dringend nötig ist. Beide Länder verlieren ihre jungen Menschen, die mehr an eine Zukunft im Ausland glauben, als den mühsamen Weg in der Heimat mitzugestalten.
Wenn die EU sich nicht kümmert, tun es andere
Maas versucht, ein Schlaglicht auf die Anstrengungen im Reformprozess beider Länder zu werfen: In Tirana etwa besucht er die Vetting-Kommission. Die überprüft alle führenden Richter und Staatsanwälte Albaniens auf Korruption und fachliche Qualifizierung. Ein Gutteil der bisher Überprüften musste schon gehen, einige haben sich gleich selbst zurück gezogen. Nur ein Beispiel, das zeigt, wie weit und hart der Weg für Albanien noch ist, um sich fit für die EU zu trimmen. Da braucht es eine Perspektive, um die Maas sich sichtlich bemüht. Ebenso wie um Vertrauen darauf, dass die deutsche Politik an der Seite all dieser Reformer ist.
Wenn die EU sich nicht um Südosteuropa kümmert, dann werden es andere tun - auch das stellt Maas immer wieder heraus: Russland, China, aber auch die USA haben hier handfeste Interessen. Maas stellt dem ein neues deutsches Engagement entgegen.
Reicht Maas' Amtszeit für sein Versprechen?
Auf seiner letzten Station, in Athen, sprach Präsident Prokopis Pavlopoulos ihn direkt auf diese Initiative der neuen Ostpolitik, auf Maas' Überlegungen zur Zukunft Europas, an. Und Maas war sichtbar erfreut über diese Aufmerksamkeit. Er will, dass Deutschland mitmischt und dabei ist. Es ist auch die Sorge, die ihn umtreibt: Vor einem Machtzentrum im östlichen europäischen Raum, in dem die Grundwerte und Positionen des westlichen Europa zunehmend umstritten sind.
Es ist auf dieser Reise aber auch und vor allem ein Versprechen, das die deutsche Regierung gibt. Doch auch Maas weiß: Es steht und fällt mit der Stabilität eben dieser Regierung in Berlin. Ob seine Amtszeit noch lang genug ist, um das Versprechen der neuen Ostpolitik einzulösen? Bei seinem Abflug hatte er sich noch betont optimistisch gegeben. Jetzt, nur ein paar Tage später, wirkt es eher so, als wisse er überhaupt nicht genau, was bei seiner Rückkehr nach Berlin auf ihn wartet.